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WBP NEWS

Online-News für den 01.09.2018

Wirtschaftsrecht

D&O-Versicherung und Insolvenz
Gemäß § 64 GmbHG hat ein Geschäftsführer für Zahlungen persönlich einzustehen, die trotz Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Feststellung der Überschuldung der Gesellschaft geleistet worden sind. Die Geschäftsführerin einer GmbH war gemäß § 64 GmbHG erfolgreich von dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft in Anspruch genommen worden, da die GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife noch Überweisungen i.H.v. über 200.000 € ausgeführt hatte. Der Insolvenzverwalter hatte ein dementsprechendes rechtskräftiges Zahlungsurteil gegen die Geschäftsführerin erwirkt. Diese Forderung hatte die Geschäftsführerin bei ihrer Versicherung angemeldet und verlangte Freistellung. Nach ihrer Auffassung habe ihre D&O-Versicherung auch für solche gegen sie gerichteten Haftungsansprüche aufzukommen. Nachdem ihre Klage in erster Instanz insoweit erfolglos gewesen war, verfolgte sie ihr Begehren im Berufungsverfahren weiter.
Nach Auffassung des Senats sei der geltend gemachte Anspruch jedoch schon grundsätzlich kein vom Versicherungsvertrag erfasster Anspruch. Der Haftungsanspruch gemäß § 64 GmbHG sei mit dem versicherten Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Vermögensschadens nicht vergleichbar. Es handele sich vielmehr um einen „Ersatzanspruch eigener Art“, der allein dem Interesse der Gläubigergesamtheit eines insolventen Unternehmens dient. Die Gesellschaft erleide schließlich durch insolvenzrechtswidrige Zahlungen nach Insolvenzreife keinen Vermögensschaden, da ja eine bestehende Forderung beglichen werde. Nachteilig wirke sich die Zahlung an bevorzugte Gläubiger nur für die übrigen Gläubiger aus. Die D&O-Versicherung sei jedoch nicht auf den Schutz der Gläubigerinteressen ausgelegt. Der Haftungsanspruch gemäß § 64 GmbHG sei auch deshalb nicht mit einem Schadensersatzanspruch vergleichbar, da verschiedene Einwendungen, die im Schadensersatzrecht erhoben werden können, bei § 64 GmbHG nicht vorgesehen seien. So könne einer Haftung gemäß § 64-GmbHG nicht entgegengehalten werden, der notleidenden Gesellschaft sei kein oder nur ein geringerer Schaden entstanden. Auch sei es nicht möglich, sich auf ein Mitverschulden oder eine eventuelle Gesamtschuld mehrerer handelnder Personen zu berufen. Müsste eine D&O-Versicherung hier einstehen, wären ihre Verteidigungsmöglichkeiten im Vergleich zur Inanspruchnahme aus einem Schadensersatzanspruch sehr eingeschränkt. Auch wenn diese Rechtsauffassung zu Deckungslücken der D&O-Versicherung führen könne – so betonte der Senat – müsse die Versicherung nicht leisten. Das Urteil dürfte große praktische Bedeutung für Führungskräfte von Unternehmen, Insolvenzverwalter, Versicherungsmakler und Industrieversicherer haben, denn es kommt nicht selten vor, dass Insolvenzverwalter wegen der Regelung in § 64 GmbHG die Geschäftsführer von Unternehmen in Anspruch nehmen. Das OLG hat die Revision nicht zugelassen. Die unterlegene Geschäftsführerin wie auch der als Streithelfer beteiligte Insolvenzverwalter des Unternehmens haben allerdings die Möglichkeit, sich mit einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung an den BGH zu wenden. (OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.07.2018 – I-4 U 93/16)

Abstract: Der Versicherungsschutz einer D&O-Versicherung umfasst nicht den Anspruch einer insolvent gewordenen Gesellschaft gegen ihren versicherten Geschäftsführer auf Ersatz insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlungen der Gesellschaft gemäß § 64 GmbHG.

Steuerrecht

Werbungskosten für Homeoffice bei Vermietung an Arbeitgeber
Die Kläger sind Eigentümer eines Gebäudes, das sie im Obergeschoss selbst bewohnen. Eine Einliegerwohnung mit Büro, Besprechungsraum, Küche und Bad/WC im Erdgeschoss vermieteten sie als Homeoffice des Klägers für 476 € monatlich an dessen Arbeitgeber. Der Mietvertrag war zeitlich an den Arbeitsvertrag des Klägers und an die Weisung des Arbeitgebers gebunden, die Tätigkeit in diesen Büroräumen zu betreiben. Die Kläger machten aus der Vermietung einen Werbungskostenüberschuss i.H.v. 29.900 € geltend. Enthalten waren hierin Aufwendungen i.H.v. 25.780 € für die behindertengerechte Renovierung des Badezimmers mit Dusche und Badewanne. Das Finanzamt ließ die Renovierungskosten nicht zum Abzug zu. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage teilweise stattgegeben.
Demgegenüber hob der BFH das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Aufgrund der im Mietvertrag vereinbarten Nutzung handele es sich nicht um die Vermietung von Wohnraum, sondern (zweckentfremdet) um die Vermietung zu gewerblichen Zwecken, da die Räume dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Erfüllung von dessen betrieblichen Zwecken überlassen wurden und der Kläger hinsichtlich der Nutzung dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers unterlag. Zu berücksichtigen war dabei auch die Koppelung des Mietvertrages an das Bestehen des Dienstverhältnisses. Das FG muss nun noch feststellen, ob der Kläger einen Gesamtüberschuss erzielen konnte. BGH, Urt. v. 17.04.2018 – IX R 9/17)

Abstract: Vermietet der Steuerpflichtige eine Einliegerwohnung als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke, kann er Werbungskosten nur geltend machen, wenn eine objektbezogene Prognose die erforderliche Überschusserzielungsabsicht belegt.

Arbeitsrecht

Arbeitskampf – Streikbruchprämie als zulässiges Kampfmittel
Der Kläger ist bei dem beklagten Einzelhandelsunternehmen als Verkäufer vollzeitbeschäftigt. In den Jahren 2015 und 2016 wurde der Betrieb, in dem er eingesetzt ist, an mehreren Tagen bestreikt. Dazu hatte die ver.di aufgerufen mit dem Ziel, einen Tarifvertrag zur Anerkennung regionaler Einzelhandelstarifverträge zu schließen. Vor Streikbeginn versprach der Arbeitgeber in einem betrieblichen Aushang allen Arbeitnehmern, die sich nicht am Streik beteiligen und ihrer regulären Tätigkeit nachgehen, die Zahlung einer Streikbruchprämie. Diese war zunächst pro Streiktag i.H.v. 200 € brutto (bei einer Teilzeitbeschäftigung entsprechend anteilig) und in einem zweiten betrieblichen Aushang i.H.v. 100 € brutto zugesagt. Der Kläger, der ein Bruttomonatseinkommen von 1.480 € bezog, folgte dem gewerkschaftlichen Streikaufruf und legte an mehreren Tagen die Arbeit nieder. Mit seiner Klage hat er die Zahlung von Prämien – insgesamt 1.200 € brutto – verlangt und sich hierfür vor allem auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. In der Zusage der Prämienzahlung an alle arbeitswilligen Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber liegt zwar eine Ungleichbehandlung der streikenden und der nicht streikenden Beschäftigten. Diese ist aber aus arbeitskampfrechtlichen Gründen gerechtfertigt. Der Arbeitgeber wollte mit der freiwilligen Sonderleistung betrieblichen Ablaufstörungen begegnen und damit dem Streikdruck entgegenwirken. Vor dem Hintergrund der für beide soziale Gegenspieler geltenden Kampfmittelfreiheit handelt es sich um eine grundsätzlich zulässige Maßnahme des Arbeitgebers. Für diese gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Danach war die ausgelobte Streikbruchprämie – auch soweit sie den Tagesverdienst Streikender um ein Mehrfaches überstieg – nicht unangemessen. (BAG , Urt. v. 14.08.2018 – 1 AZR 287/17)

Abstract: Ein bestreikter Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, zum Streik aufgerufene Arbeitnehmer durch Zusage einer Prämie (Streikbruchprämie) von einer Streikbeteiligung abzuhalten.

Verwaltungsrecht

Dieselfahrzeugen zum Software-Update verpflichtet
Die beiden Antragsteller sind jeweils Halter eines Audi, der mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet ist. In der Motorsteuerung hat der Hersteller eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut, die zu Abgasmanipulationen führt. Das Kraftfahrtbundesamt verpflichtete daraufhin den Hersteller, diese zu entfernen, um die Übereinstimmung mit dem ursprünglich genehmigten Typ wiederherzustellen. Die beiden Antragsteller nahmen weder an der (kostenlosen) Rückrufaktion des Herstellers teil noch ließen sie an den Fahrzeugen nach schriftlicher Aufforderung durch die Straßenverkehrsbehörden ein Software-Update vornehmen. Daraufhin wurde in einem Fall der Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr untersagt. In dem anderen Fall wurde dem Halter nochmals eine Frist für das Aufspielen des Software-Updates gesetzt und ein Zwangsgeld angedroht. Gleichzeitig ordneten die Behörden die sofortige Vollziehung an. Die Anträge der beiden Fahrzeugbesitzer auf einstweiligen Rechtsschutz hatten weder beim VerwG noch beim OVG Erfolg.
Das OVG hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Auffassung der Antragsteller, die sofortige Durchsetzung des Software-Updates sei nicht geboten, weil das einzelne Fahrzeug nur geringfügig zur Stickstoffdioxid-Belastung beitrage, folge der Senat nicht. Nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften sei der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nur dann gewährleistet, wenn jedes einzelne Fahrzeug die geltenden Emissionsgrenzwerte einhalte. Emissionsbegrenzende Maßnahmen bedürften zu ihrer Wirksamkeit einer gleichmäßigen Anwendung. Nur so sei die angestrebte Minderung der Gesamtemissionen garantiert, die gleichzeitig zur Minderung der Immissionswerte im Einwirkungsbereich beitrage. Auch könne der Halter eines betroffenen Fahrzeugs das Aufspielen des Software-Updates grundsätzlich nicht unter Hinweis darauf verweigern, dass er wegen des Einbaus der Abschalteinrichtung zivilrechtlich gegen den Verkäufer oder Hersteller vorgehe. Insbesondere könne etwaigen Beweisverlusten durch ein selbständiges Beweisverfahren vorgebeugt werden. (OVG Münster, Beschl.. v. 17.08.2018 – 8 B 548/18 und 8 B 865/18)

Abstract: Die sofortige Durchsetzung des Software-Updates bei Fahrzeugen ist geboten. Nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nur dann gewährleistet, wenn jedes einzelne Fahrzeug die geltenden Emissionsgrenzwerte einhält.