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WBP NEWS

Online-News für den 14.09.2016

Wirtschaftsrecht

Schadensersatzanspruch nach Preismanipulation des Verkäufers bei eBay-Auktion

Im Juni 2013 bot der Beklagte auf der Internetplattform eBay einen gebrauchten PKW Golf 6 im Wege einer Internetauktion mit einem Startpreis von 1 € zum Verkauf an. Diesen Betrag bot ein unbekannt gebliebener Fremdbieter. Als einziger weiterer Fremdbieter beteiligte sich der Kläger an der Auktion. Dabei wurde er vom Beklagten, der über ein zweites Benutzerkonto Eigengebote abgab, immer wieder überboten. Derartige Eigengebote sind nach den zugrunde liegenden AGB von eBay unzulässig. Bei Auktionsschluss lag ein „Höchstgebot“ des Beklagten über 17.000 € vor, so dass der Kläger mit seinem danach in gleicher Höhe abgegebenen Gebot nicht mehr zum Zuge kam. Der Kläger ist der Auffassung, er habe das Kraftfahrzeug für 1,50 € – den auf 1 € folgenden nächsthöheren Bietschritt – ersteigert, da er ohne die unzulässige Eigengebote des Beklagten die Auktion bereits mit einem Gebot in dieser Höhe „gewonnen“ hätte. Nachdem der Beklagte ihm mitgeteilt hatte, das Fahrzeug bereits anderweitig veräußert zu haben, verlangte der Kläger Schadensersatz in Höhe des von ihm mit mindestens 16.500 € angenommenen Marktwerts des Fahrzeugs. Die Schadensersatzklage hatte in der ersten Instanz Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hierbei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien aufgrund der Internetauktion ein Kaufvertrag über den Gebrauchtwagen zu einem Preis von 17.000 € zustande gekommen ist. Es komme insoweit auf das zuletzt vom Kläger abgegebene Gebot an, auch wenn der Beklagte den Kaufpreis durch seine rechtlich unwirksamen Eigengebote unzulässigerweise in die Höhe getrieben habe. Im Ergebnis habe der Kaufpreis somit den Verkehrswert des Fahrzeugs überstiegen, so dass dem Kläger aus dem Kaufvertrag selbst und dessen Nichterfüllung kein Schaden entstanden sei. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Der BGH hat zunächst seine Rechtsprechung bekräftigt, dass sich der Vertragsschluss bei eBay-Auktionen nicht nach § 156 BGB (Versteigerung) beurteilt, sondern nach den allgemeinen Regeln des Vertragsschlusses (Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB). Danach richtet sich das von einem Anbieter im Rahmen einer eBay-Auktion erklärte Angebot nur an „einen anderen“, mithin an einen von ihm personenverschiedenen Bieter. Damit konnte der Beklagte durch seine Eigengebote von vornherein keinen Vertragsschluss zustande bringen. Außer dem Startgebot von 1 € und den Geboten des Klägers wurde kein sonstiges reguläres Gebot abgegeben, sodass der Kläger den streitgegenständlichen Gebrauchtwagen zum Preis von 1,50 € ersteigern konnte. Der Senat hat die Entscheidung des LG wiederhergestellt. Der Beklagte gab dadurch, dass er die Auktion des zum Verkauf gestellten Fahrzeugs mit einem Anfangspreis von 1 € startete, ein verbindliches Verkaufsangebot im Sinne von § 145 BGB ab, welches an denjenigen Bieter gerichtet war, der zum Ablauf der Auktionslaufzeit das Höchstgebot abgegeben haben würde. Bereits aus der in § 145 BGB enthaltenen Definition des Angebots – die auch dem in den eBay-AGB vorgesehenen Vertragsschlussmechanismus zugrunde liegt – ergibt sich aber, dass die Schließung eines Vertrages stets „einem anderen“ anzutragen ist. Mithin konnte der Beklagte mit seinen über das zusätzliche Benutzerkonto abgegebenen Eigengeboten von vornherein keinen wirksamen Vertragsschluss herbeiführen. Das höchste zum Auktionsablauf abgegebene Gebot stammte daher vom Kläger. Es betrug allerdings – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht 17.000 €, sondern lediglich 1,50 €. Denn auch wenn er seine zahlreichen Maximalgebote immer wieder und zuletzt auf 17.000 € erhöhte, gab er damit noch keine auf das jeweilige Maximalgebot bezifferte und auf den Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages gerichtete Annahmeerklärungen ab. Deren Inhalt erschöpfte sich vielmehr darin, das im Vergleich zu den bereits bestehenden Geboten regulärer Mitbieter jeweils nächsthöhere Gebot abzugeben, um diese Gebote um den von eBay jeweils vorgegebenen Bietschritt zu übertreffen und auf diese Weise bis zum Erreichen des von ihm vorgegebenen Maximalbetrages Höchstbietender zu werden oder zu bleiben. Nachdem aber außer den unwirksamen Eigengeboten des Beklagten nur ein einziges reguläres Gebot in Höhe von 1 € auf den Gebrauchtwagen abgegeben worden war, wurde der Kläger mit dem nächsthöheren Gebot von 1,50 € Höchstbietender. Es begründet keine Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages, dass dieser damit im Ergebnis zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Betrag zustande kam, da es – wie der Senat in der Vergangenheit bereits entschieden hat – gerade den Reiz einer Internetauktion ausmacht, den Auktionsgegenstand zu einem „Schnäppchenpreis“ erwerben zu können. Dass der Kläger nach dem Auktionsergebnis die Lieferung des Fahrzeugs für einen eher symbolischen Kaufpreis von 1,50 € hat beanspruchen können, beruht allein auf dem erfolglosen Versuch des Beklagten, den Auktionsverlauf in unlauterer Weise zu seinen Gunsten zu manipulieren. (BGH, Urt. v. 24.08.2016 – VIII ZR 100/15)

Abstract: Ein eBay-Verkäufer kann durch seine Eigengebote von vornherein keinen Vertragsschluss zustande bringen. Wenn ein Interessent ein Angebot abgibt und er nur durch unzulässige Eigenangebote des Verkäufers überboten wird, gewinnt er die Auktion mit seinem niedrigsten Angebot.

Steuerrecht

Abfindungszahlung an Erbprätendenten als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig

Die Erblasserin hatte zunächst in einem notariellen Testament die Klägerin und deren Ehemann als Erben zu gleichen Teilen eingesetzt. Kurz vor ihrem Tod ordnete sie handschriftlich an, dass ihr Finanzberater Alleinerbe sein sollte. Der nach dem Tod der Erblasserin vor dem Nachlassgericht geführte Streit um die Erbenstellung endete in einem Vergleich. Darin nahm der Finanzberater seinen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gegen Zahlung einer Abfindungssumme von 160.000 € durch die Eheleute zurück. Daraufhin wurde den Eheleuten ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt, der diese als (Mit-)Erben zu gleichen Teilen ausweist. Das Finanzamt setzte gegen die Klägerin Erbschaftsteuer fest, ohne die anteilige Abfindungszahlung bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs zum Abzug zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage statt.
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung des FG. Die Abfindungszahlung, die der Erbe an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen Klärung der Erbenstellung entrichtet, ist als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig. Ein Abzug von Erwerbskosten als Nachlassverbindlichkeiten setzt einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs voraus. Der Begriff der Erwerbskosten ist dabei grundsätzlich weit auszulegen. Die Kosten, die dem letztendlich bestimmten Erben infolge eines Rechtsstreits um die Erbenstellung entstehen, hängen regelmäßig unmittelbar mit der Erlangung des Erwerbs zusammen. Ein Grundsatz korrespondierender Steuerbarkeit besteht im Übrigen nicht. So steht dem Abzug als Nachlassverbindlichkeit beim Zahlenden nicht entgegen, dass beim Zahlungsempfänger kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt. Daher verneint der BFH einen Widerspruch zu seiner Rechtsprechung, nach der beim weichenden Erbprätendenten, der eine Abfindungszahlung dafür erhält, dass er die Erbenstellung nicht mehr bestreitet, kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt. (BFH, Urt. v. 15.06.2016 – II R 24/15)

Abstract: Entrichtet ein Erbe eine Abfindungszahlung an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen der Erbenstellung, ist diese als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.

Arbeitsrecht

Betriebsrentenanwartschaft – beitragsbezogene Leistungszusage

Nach der bei der beklagten Arbeitgeberin geltenden Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) steht dem Kläger ein jährlicher Basisanspruch auf eine Betriebsrente von 0,4 % der Summe seiner monatlichen pensionsfähigen Bezüge während seiner Beschäftigungszeit zu. Auf der Grundlage der GBV zahlt die Arbeitgeberin in einen Anlagefonds, der kein Pensionsfonds i.S.d. Betriebsrentengesetzes ist, Beiträge in Höhe von monatlich 5 % der pensionsfähigen Bezüge aller der GBV unterfallenden Arbeitnehmer ein. Aus diesem Anlagefonds werden auch die laufenden Betriebsrenten gezahlt. Am Ende jedes Wirtschaftsjahres ist der Wert der Fondsanteile zu ermitteln. Gleichzeitig wird die Summe der Barwerte der Anwartschaften der der GBV unterfallenden Arbeitnehmer und der gezahlten Betriebsrenten ermittelt. Weichen die Werte voneinander ab, sind die Barwerte der Anwartschaften und der Betriebsrenten gleichmäßig so zu korrigieren, dass sie dem Wert der Fondsanteile entsprechen. Die so korrigierten Anwartschaften dürfen sich auch verringern, den Basisanspruch aber nicht unterschreiten. Diese Berechnungsweise entspricht nicht vollständig den gesetzlichen Vorgaben des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG. Die GBV stellt nicht sicher, dass die auf den Kläger entfallenden und an den Anlagefonds gezahlten Beiträge unmittelbar in eine Betriebsrentenanwartschaft umgewandelt werden.

Dennoch hatte die Klage – ebenso wie in den Vorinstanzen – vor dem BAG keinen Erfolg. Die korrigierte Anwartschaft des Klägers betrug im Jahr 2009 nach Mitteilung der Beklagten jährlich 3.900,00 €. Im Jahr 2011 sollte sie sich nur noch auf jährlich 3.295,00 € belaufen. Der Kläger wollte die Beklagte an der Höhe der korrigierten Anwartschaft aus dem Jahr 2009 festhalten. Für dieses Klageziel besteht keine Rechtsgrundlage. (BAG, Urt. v. 30.08.2016 – 3 AZR 228/15)

Abstract: Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) liegt eine beitragsorientierte Leistungszusage vor, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Betriebsrentenanwartschaft umzuwandeln. Das Gesetz verlangt, dass in der Versorgungsordnung die Mindesthöhe der Anwartschaft zum Zeitpunkt der Umwandlung bezogen auf diese Beiträge festgelegt wird.

Zivilrecht

Verkäufer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen liegengebliebenen Roller für die Reparatur abzuholen

Der Kläger kaufte am 03.07.2014 einen gebrauchten Motorroller für 1.800 € für den privaten Gebrauch bei der beklagten Firma, die gewerblich mit Motorrädern handelt. Der Kläger nahm den Motorroller Ende März 2015 erstmals in Betrieb. Kurze Zeit danach trat ein Defekt am Filter auf. Die Verkäuferin holte den Motorroller beim Kläger ab und tauschte den Filter aus. Anschließend gab sie den Motorroller an den Kläger zurück. Mitte Juli 2015 blieb der Kläger erneut mit dem Motorroller wegen eines Schadens liegen und ließ den Roller vor Ort stehen. Er meldete bei der beklagten Firma wieder einen Defekt und den Standort des Rollers. In der nächsten Zeit hörte der Kläger nichts von der Beklagten. Der Kläger begab sich Mitte September 2015 zu dem Ort, wo er den Roller zuletzt abgestellt hatte, und stellte fest, dass sich der Roller immer noch dort befand. Mit Schreiben vom 29.09.2015 trat er vom Kaufvertrag zurück und forderte die Rückzahlung des Kaufpreises. Die Verkäuferin verweigerte die Rückzahlung. Sie ist der Meinung, dass der Kläger das Fahrzeug zu ihr ins Geschäft hätte bringen müssen. Beim ersten Defekt habe sie den Roller nur aus Kulanz beim Kläger abgeholt. Der Kläger behauptet in seiner Klage, er habe den Schlüssel der Beklagten übergeben, damit sie den Roller abholen und reparieren könne. Die Beklagte habe offensichtlich und endgültig die Reparatur verweigert, deshalb sei er vom Vertrag zurückgetreten.
Es habe kein Rücktrittsgrund vorgelegen, so das AG München. Ein Sachmangel erfordert eine negative Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit. Der Kläger hat nur allgemein vorgetragen, dass der Motorroller einen „neuerlichen Schaden“ erlitten habe und daher nicht mehr fahrbereit sei. Ein Schaden – zumal bei einem gebrauchten Roller – kann aber auf viele denkbare Gründe zurückzuführen sein und auch auf Umständen beruhen, die sich nach Gefahrübergang ereignen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass bei Gefahrübergang ein bestimmter Grundmangel vorgelegen und später zu einem Defekt geführt habe. Außerdem scheitere ein Rücktrittsrecht daran, dass der Kläger das Fahrzeug nicht zur Reparatur zu der beklagten Firma gebracht habe. Der Verkäufer sei grundsätzlich nicht verpflichtet, die Kaufsache abzuholen…. Denn es ist keine Vereinbarung bewiesen, wonach die Beklagte sich verpflichtet hätte, das Fahrzeug abzuholen. Selbst die behauptete, aber bestrittene Überlassung eines Schlüssels an die Beklagte genüge nicht, weil die – bestrittene – Entgegennahme eines Schlüssels noch kein ausreichender Beweis dafür wäre, dass die Beklagte die Abholung des Fahrzeugs zugesagt hätte. (AG München, Urt. v. 29.02.2016 – 274 C 24594; rkr.)

Abstract: Der Verkäufer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen liegengebliebenen Roller für die Reparatur abzuholen.