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WBP NEWS

Online-News für den 15.05.2017

Wettbewerbsrecht

Informationspflichten eines Preisvergleichsportals im Internet
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung die Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder verfolgt. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, betreibt im Internet ein Preisvergleichsportal für Bestattungsleistungen. Auf dem Vergleichsportal der Beklagten zu 1 wird ein Interessent zunächst aufgefordert, die gewünschten Leistungen einzugeben. Danach werden verbindliche Angebote verschiedener Bestatter angezeigt, aus denen der Interessent drei Angebote auswählen kann. Die Beklagte zu 1 berücksichtigt bei ihrem Preisvergleich nur Anbieter, die mit ihr für den Fall eines Vertragsabschlusses eine Provision von 15% oder 17,5% des Angebotspreises vereinbaren. Die Nutzer des Portals werden auf die Provisionsvereinbarung nicht hingewiesen. Sie lässt sich lediglich einem Hinweis im Geschäftskundenbereich der Internetseite entnehmen. Der Kläger hält den fehlenden Hinweis auf die Provisionspflicht der im Preisvergleich berücksichtigten Anbieter für einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG. Er hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, Bestattungsleistungen im Internet anzubieten, ohne den Nutzer darauf hinzuweisen, dass die Beklagte zu 1 im Falle eines Vertragsschlusses zwischen dem Nutzer und dem über den Preisvergleich vermittelten Bestattungsunternehmen eine Provisionszahlung des Bestattungsunternehmens erhält. Das LG hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der BGH hat auf die Revision der Klägerin das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und das Urteil des LG wiederhergestellt.
Die Information darüber, dass in einem Preisvergleichsportal nur Anbieter berücksichtigt werden, die sich für den Fall des Vertragsschlusses mit dem Nutzer zur Zahlung einer Provision an den Portalbetreiber verpflichtet haben, ist eine wesentliche Information i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG. Eine Information ist wesentlich, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt. Der Verbraucher nutzt Preisvergleichsportale, um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, welche Anbieter es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbieter für das Produkt fordert. Dabei geht der Verbraucher, sofern keine entsprechenden Hinweise erfolgen, nicht davon aus, dass in den Vergleich nur solche Anbieter einbezogen werden, die dem Betreiber des Portals im Falle des Vertragsabschlusses mit dem Nutzer eine Provision zahlen. Diese Information ist für den Verbraucher von erheblichem Interesse, weil sie nicht seiner Erwartung entspricht, der Preisvergleich umfasse weitgehend das im Internet verfügbare Marktumfeld und nicht nur eine gegenüber dem Betreiber provisionspflichtige Auswahl von Anbietern. Maßgebliche Interessen des Betreibers stehen der Information darüber, dass die gelisteten Anbieter dem Grund nach provisionspflichtig sind, nicht entgegen. Die Information muss so erteilt werden, dass der Verbraucher sie zur Kenntnis nehmen kann. Ein Hinweis auf der Geschäftskundenseite des Internetportals reicht hierfür nicht aus. (BGH, Urt. v. 27.04.2017 – I ZR 55/16)

Abstract: Für Verbraucher ist die Information von erheblichem Interesse, dass ein Vergleichsportal bei einem Preisvergleich weitgehend das im Internet verfügbare Marktumfeld und nicht nur eine gegenüber dem Betreiber provisionspflichtige Auswahl von Anbietern angeführt werden. Ein Hinweis auf der Geschäftskundenseite des Internetportals reicht hierfür nicht aus.

Steuerrecht

Keine Heilung einer nicht ausreichend begründeten vorzeitigen Anforderung der Einkommensteuererklärung nach deren Erledigung
Das Finanzamts (FA) hat die Kläger aufgefordert, ihre Einkommensteuererklärung abzugeben. Nach den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen verlängert sich die gesetzliche Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung (31. Mai) bis zum Ende des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres, wenn die Steuererklärung durch eine Person i.S. der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes (z.B. einen Steuerberater) angefertigt wird. Allerdings bleibt es dem FA vorbehalten, die Erklärung für einen Zeitpunkt vor Ablauf dieser Frist anzufordern. Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung, die zu begründen ist. Das FA hatte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Kläger aufgefordert, die ESt-Erklärung für 2010 bis zum 31. August 2011 (und damit vorzeitig) einzureichen. Allerdings war aus der formelhaften Begründung, das FA handle „im Interesse“ einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens, nicht erkennbar, aus welchem Grund die Abgabefrist im konkreten Fall verkürzt wurde. Die von einem Steuerberater angefertigte Erklärung ging am 07.12.2011 beim FA ein. Das FA setzte daraufhin einen Verspätungszuschlag in Höhe von 880 € fest.
Der BFH gab den Klägern Recht. Sowohl die Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe der Steuererklärung als auch die Festsetzung des Verspätungszuschlags waren rechtswidrig. Zwar hätte der Begründungsmangel nach § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO durch das sog. Nachschieben einer Begründung beseitigt werden können. Eine solche Heilung des Verfahrensmangels kommt jedoch nach Auffassung des BFH nicht mehr in Betracht, wenn sich die Aufforderung zur termingebundenen Abgabe vor der Einlegung eines Einspruchs durch die Abgabe der Steuererklärung bereits erledigt hat. Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Aufforderung war auch der vom FA festgesetzte Verspätungszuschlag rechtswidrig und aufzuheben, da die Kläger die Steuererklärung noch innerhalb der allgemein bis zum 31.12.2011 verlängerten Frist eingereicht hatten. (BFH, Urt. v. 17.01.2017 – VIII R 52/14)

Abstract: Ein nicht ausreichend begründeter (und damit rechtswidriger) Ermessensverwaltungsakt kann nicht durch das Nachschieben einer Begründung „geheilt“ werden, wenn er sich vor der Einlegung des Einspruchs bereits erledigt hat.

Arbeitsrecht

Deutsches Mitbestimmungsgesetz mit Unionsrecht vereinbar
Die TUI AG, eine deutsche AG, steht an der Spitze des weltweit tätigen Tourismuskonzerns TUI. Der Konzern beschäftigt in Deutschland über 10.000 Personen und in den übrigen Mitgliedstaaten der Union fast 40.000 Personen. E., einer der Anteilseigner der TUI AG, wendet sich vor den deutschen Gerichten gegen die Zusammensetzung des Aufsichtsrats dieser Gesellschaft, dessen Mitglieder nach dem deutschen Mitbestimmungsgesetz jeweils zur Hälfte von den Anteilseignern und den Arbeitnehmern bestimmt werden. E. macht geltend, dass der Aufsichtsrat der TUI AG nur aus Mitgliedern bestehen dürfe, die die Anteilseigner bestimmt hätten. Das deutsche Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer verletze nämlich das Unionsrecht; indem es vorsehe, dass nur die in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer des Konzerns die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wählen könnten und in den Aufsichtsrat wählbar seien, verstoße es gegen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. In diesem Zusammenhang hat das KG beschlossen, den EuGH zur Vereinbarkeit des deutschen Mitbestimmungsgesetzes mit dem Unionsrecht zu befragen.
In seinen Schlussanträgen vom 04.05.2017 kommt Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Øe zu dem Ergebnis, dass eine Regelung – wie die in Rede stehende – weder gegen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer noch gegen das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verstoße. Die Situation, in der sich die außerhalb Deutschlands beschäftigten Arbeitnehmer der TUI-Gruppe befänden, falle grundsätzlich nicht unter die Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Sie verleihe nämlich nur Arbeitnehmern Rechte, die von dieser Grundfreiheit tatsächlich Gebrauch machten, dies beabsichtigten oder dies bereits getan hätten, indem sie ihren Herkunftsmitgliedstaat zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat verließen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit treffe dies jedoch auf viele der in Rede stehenden Arbeitnehmer nicht zu. Der bloße Umstand, dass die Gesellschaft, bei der der Arbeitnehmer beschäftigt sei, im Eigentum oder unter der Kontrolle einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat (im vorliegenden Fall Deutschland) stehe, führe nicht dazu, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigt werden könne. Im Übrigen könne das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit nicht auf rein innerstaatliche Sachverhalte eines Mitgliedstaats angewandt werden. Bei den in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern der TUI-Gruppe sei die Arbeitnehmerfreizügigkeit dagegen anwendbar, wenn sie Deutschland verließen oder verlassen wollten, um eine Stelle bei einer zum gleichen Konzern gehörenden Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat anzutreten. Durch die in Rede stehende Regelung werde die Freizügigkeit der Arbeitnehmer jedoch nicht beschränkt, auch wenn der Arbeitnehmer, der Deutschland verlasse, sein aktives und passives Wahlrecht verliere. Beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts seien die Mitgliedstaaten nämlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmern, die ihr Hoheitsgebiet verließen, um in einem anderen Mitgliedstaat eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, dieselben Mitwirkungsrechte einzuräumen wie den im Inland beschäftigten Arbeitnehmern. Für den Fall, dass sich der EuGH diesem Ergebnis nicht anschließen und eine Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer feststellen sollte, sei diese jedenfalls gerechtfertigt. Die Aufrechterhaltung einer Regelung wie der in Rede stehenden sei nämlich Ausdruck bestimmter den Mitgliedstaaten obliegender legitimer wirtschafts- und sozialpolitischer Entscheidungen. Die deutsche Mitbestimmungsregelung könne zwar nicht ohne Weiteres als Bestandteil der nationalen Identität eingeordnet werden, doch bestehe kein Zweifel daran, dass sie ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Arbeitsmarkts und – allgemeiner – der deutschen Sozialordnung sei. Es sei anzuerkennen, dass die außerhalb Deutschlands beschäftigten Arbeitnehmer nicht in den persönlichen Anwendungsbereich dieser Regelung einbezogen werden könnten, ohne dass ihre grundlegenden Merkmale geändert werden müssten. Eine solche Erweiterung der deutschen Regelung würde nämlich voraussetzen, dass die Verantwortlichkeit für die Organisation und die Durchführung der Wahlen von den Arbeitnehmern und den Gesellschaften des Konzerns auf die Leitung der deutschen Muttergesellschaft übertragen werden müssten, was den Grundsätzen zuwiderliefe, auf denen die Regelung beruhe. (EuGH, zu den Schlussanträgen C-566/15 v. 04.05.2017)

Abstract: Nach Ansicht Generalanwalt Saugmandsgaard Øe ist das deutsche Mitbestimmungsgesetz mit dem Unionsrecht vereinbar. Es verstoße weder gegen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer noch gegen das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, dass nur die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wählen könnten und in den Aufsichtsrat wählbar seien.

Flugrecht

Zur Ausgleichspflicht bei großer Flugverspätung durch Kollision eines Flugzeugs mit einem Vogel
Am 10.08.2013 wollten Frau Pešková und Herr Pešká mittels eines von der tschechischen Fluggesellschaft Travel Service durchgeführten Fluges von Burgas (Bulgarien) nach Ostrava (Tschechische Republik) reisen. Das für diesen Flug eingesetzte Flugzeug hatte vor seinem Abflug nach Ostrava bereits die Strecken von Prag nach Burgas, von Burgas nach Brno (Tschechische Republik) und von Brno nach Burgas absolviert. Auf dem Flug von Prag nach Burgas wurde ein technisches Problem an der Schubumkehr festgestellt, dessen Behebung eine Stunde und 45 Minuten in Anspruch nahm. Anschließend kollidierte das Flugzeug laut Travel Service bei der Landung des Fluges von Burgas nach Brno mit einem Vogel, so dass der technische Zustand des Flugzeugs kontrolliert werden musste. Diese Kontrolle wurde zunächst von einer hierzu autorisierten örtlichen Gesellschaft vorgenommen. Der Eigentümer des Flugzeugs, die Gesellschaft Sunwing, bestand jedoch darauf, dass ein Techniker von Travel Service sich von einer anderen tschechischen Stadt nach Brno begab, um zu überprüfen, ob das Flugzeug tatsächlich betriebsbereit war. Letztlich wurden bei keiner dieser beiden Kontrollen Schäden festgestellt, die die Betriebsbereitschaft des Flugzeugs hätten in Frage stellen können.Aufgrund dieser beiden unerwarteten Zwischenfälle hatte der von Frau Pešková und Herrn Pešká gebuchte Flug bei der Ankunft in Ostrava eine Verspätung von fünf Stunden und 20 Minuten. In der Folge erhoben Frau Pešková und Herr Pešká beim Obvodní soud pro Prahu 6 (Bezirksgericht Prag 6, Tschechische Republik) Klage gegen Travel Service auf Zahlung von jeweils 6.825 Tschechischen Kronen (CZK) (ca. 250 Euro). Sie sind der Ansicht, die Verordnung der Union über Ausgleichsleistungen für Fluggäste gewähre ihnen, so wie sie vom EuGH ausgelegt werde, einen solchen Ausgleichsanspruch, da ihr Flug bei der Ankunft mehr als drei Stunden verspätet gewesen sei. In diesem Zusammenhang stellt der Obvodní soud pro Prahu 6 dem EuGH mehrere Fragen. Insbesondere möchte das tschechische Gericht wissen, ob die Kollision eines Flugzeugs mit einem Vogel ein außergewöhnlicher Umstand ist, dessen Eintreten die Fluggesellschaft von ihrer Ausgleichspflicht im Fall einer Flugverspätung von drei Stunden oder mehr befreien kann. Gemäß der Verordnung und der Rechtsprechung des EuGH muss das Luftfahrtunternehmen nämlich keinen Ausgleich leisten, wenn die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen zu diesem Zweck ergriffen worden wären.
In seinem am 04.05.2017 verkündeten Urteil erinnert der EuGH zunächst an seine Rechtsprechung, wonach außergewöhnliche Umstände i.S.d. Verordnung Vorkommnisse sind, die ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar sind. Ferner erinnert er daran, dass das vorzeitige Auftreten von Mängeln an bestimmten Teilen eines Flugzeugs kein außergewöhnlicher Umstand ist, da ein solcher Ausfall untrennbar mit dem System zum Betrieb des Flugzeugs verbunden ist. Die Wartung und der reibungslose Betrieb des Flugzeugs liegen nämlich im Verantwortungsbereich der Luftfahrtunternehmen. Die Kollision eines Flugzeugs mit einem Vogel sowie die dadurch gegebenenfalls verursachte Beschädigung sind hingegen nach Auffassung des EuGH nicht untrennbar mit dem System zum Betrieb des Flugzeugs verbunden, sodass eine solche Kollision ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar ist. Folglich ist die Kollision eines Flugzeugs mit einem Vogel ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Verordnung. In diesem Zusammenhang weist der EuGH darauf hin, dass das Luftfahrtunternehmen von seiner Ausgleichspflicht nur befreit ist, wenn es zum einen nachweisen kann, dass die Annullierung des Fluges bzw. dessen Verspätung um drei Stunden oder mehr auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückgeht, der sich auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, und zum anderen, dass alle Maßnahmen ergriffen wurden, um zu verhindern, dass die außergewöhnlichen Umstände, mit denen das Luftfahrtunternehmen konfrontiert war, zur Annullierung des betreffenden Fluges oder zu dessen Verspätung um drei Stunden oder mehr führten. Was die Frage betrifft, ob Travel Service nach der Kollision alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Verspätung ihres Fluges zu verhindern, weist der EuGH darauf hin, dass das betreffende Flugzeug am Flughafen von Brno offenbar von einem nach den einschlägigen Vorschriften hierzu autorisierten örtlichen Fachmann kontrolliert wurde. Unter diesen Umständen ist der EuGH der Ansicht, dass eine zweite Kontrolle des Flugzeugs nicht erforderlich war, um sich der Betriebsbereitschaft des Flugzeugs zu vergewissern, so dass die auf einer solchen Kontrolle beruhende Verspätung im Hinblick auf die Ausgleichspflicht gemäß der Verordnung nicht gerechtfertigt werden kann. Bezüglich der Frage, ob Travel Service alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die fragliche Kollision zu verhindern, hebt der EuGH hervor, dass das Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet sein kann, Maßnahmen zu ergreifen, die ihm im Hinblick auf seine Kapazitäten untragbare Opfer abverlangen würden. Auch wenn das Luftfahrtunternehmen verpflichtet sein kann, bestimmte Vorkehrungen zu treffen, um die Risiken möglicher Kollisionen mit Vögeln zu verringern oder gar zu beseitigen, ist es nicht dafür verantwortlich, dass andere Stellen (wie etwa die Flughafenbetreiber oder die zuständigen Fluglotsen) nicht ihren Verpflichtungen nachkommen, die in ihrer Zuständigkeit liegenden Vorkehrungen zu treffen. Schließlich urteilt der EuGH, dass in dem Fall, dass die große Verspätung eines Flugzeugs nicht nur auf einem außergewöhnlichen Umstand (Kollision des Flugzeugs mit einem Vogel) beruht, der nicht durch der Situation angemessene Maßnahmen zu verhindern war und gegen dessen Folgen das Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Vorbeugungsmaßnahmen ergriffen hat, sondern auch auf einem anderen Umstand (technisches Problem am Flugzeug), für dessen Eintreten es verantwortlich ist, die auf dem außergewöhnlichen Umstand beruhende Verspätung von der gesamten Verspätungszeit bei Ankunft des Fluges abzuziehen ist, um zu beurteilen, ob die vom Luftfahrtunternehmen zu vertretende Verspätung drei Stunden oder mehr beträgt und deshalb Ausgleichszahlungen für sie zu leisten sind. (EuGH, zum Urteil C-315/15 vom 04.05.2017)

Abstract: Die Kollision eines Flugzeugs mit einem Vogel ist ein außergewöhnlicher Umstand, der das Luftfahrtunternehmen von seiner Ausgleichspflicht bei großer Verspätung des Fluges befreien kann. Allerdings kann das Luftfahrtunternehmen, wenn ein hierzu autorisierter Fachmann nach der Kollision die Betriebsbereitschaft des betreffenden Flugzeugs festgestellt hat, die Verspätung nicht damit rechtfertigen, dass eine zweite Kontrolle notwendig gewesen sei.