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WBP NEWS

Online-News für den 15.09.2018

Wirtschaftsrecht

Unwirksamkeit zweier Preisklauseln eines Onlineanbieters für Veranstaltungstickets
Die Beklagte vertreibt teils als Veranstalterin, teils als Vermittlerin und teilweise als Kommissionärin (§ 383 HGB) über das Internet Eintrittskarten. Im Zuge des Bestellvorgangs wird für jede Eintrittskarte ein sogenannter „Normalpreis“ angegeben mit dem Hinweis: „Angezeigte Ticketpreise inkl. der gesetzl. MwSt., Vorverkaufsgebühr, Buchungsgebühr von max. € 2,00 zzgl. Service- & Versandkosten“. Nachdem der Kunde das Ticket in den virtuellen Warenkorb gelegt hat, werden ihm Auswahlmöglichkeiten zu dessen Versand angeboten. Für die Versandart „Premiumversand“ berechnet die Beklagte zusätzlich zum Ticketpreis 29,90 € „inkl. Bearbeitungsgebühr“. Wählt der Kunde die Option „ticketdirect – das Ticket zum Selbstausdrucken“ (sog. print@home-Option), bei der ihm die Beklagte über einen Link die Eintrittskarte als pdf-Datei zur Verfügung stellt, erhöht sich deren Preis um eine „Servicegebühr“ von 2,50 €. Die Berechnung dieser Gebühren beruht auf zwei in den AGB der Beklagten enthaltenen Preisklauseln. Das LG hat der Beklagten untersagt, folgende Preisklauseln zu verwenden: „Premiumversand 29,90 EUR inkl. Bearbeitungsgebühr“ und „ticketdirect – das Ticket zum Selbst-Ausdrucken Drucken Sie sich ihr ticketdirect einfach und bequem selber aus! 2,50 EUR“. Das OLG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die zugelassene Revision der Beklagten hat der BGH zurückgewiesen. Der Senat hat die von der Beklagten verwendeten beiden Klauseln als Preisnebenabreden bewertet. Damit unterliegen sie im Gegensatz zu Vereinbarungen über den Veranstaltungspreis selbst der Inhaltskontrolle nach dem Recht der AGB. Die von der Beklagten verwendeten Klauseln weichen, jedenfalls soweit die Beklagte über die Karten als Kommissionärin im eigenen Namen mit den Kunden Kaufverträge schließt, von dem Grundgedanken des § 448 Abs. 1 BGB ab. Danach hat der Käufer beim Versendungskauf nur die eigentlichen Versendungskosten (z.B. Porto, Verpackung und ggf. Versicherung) zu tragen, nicht aber den internen Geschäftsaufwand des Verkäufers für die Bereitstellung der Ware zur Versendung. Die streitigen Klauseln benachteiligen die Käufer durch die Abweichung von der gesetzlichen Bestimmung entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben in unangemessener Weise (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach der Rspr. des BGH darf der Verwender von AGB für Tätigkeiten, zu denen er gesetzlich oder – wie beim Versendungskauf – nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt, grundsätzlich kein gesondertes Entgelt verlangen. Zwar kann es im Einzelfall zu rechtfertigen sein, den für verschiedene Versandarten unter Umständen sehr unterschiedlich anfallenden Geschäftsaufwand nicht in die allgemeine Preiskalkulation einzubeziehen, sondern in AGB hierfür jeweils verschiedene Versandentgelte vorzusehen. Die Beklagte hat jedoch zum Geschäftsaufwand beim sog. Premiumversand vorinstanzlich keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme eines besonderen Geschäftsaufwands tragen könnte; sie hat vielmehr noch im Berufungsrechtszug den Standpunkt vertreten, ihre Kalkulation nicht offen legen zu müssen. Ferner war nicht erkennbar, welche konkreten erstattungsfähigen Aufwendungen mit der „Servicegebühr“ von 2,50 € für die „ticketdirect“-Option geltend gemacht werden; der Kunde druckt bei dieser Versandart die Eintrittskarte nach ihrer elektronischen Übermittlung selbst aus, so dass weder Porto- noch Verpackungskosten anfallen. Da nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zudem die Übermittlung des Links auf die als Eintrittskarte ausdruckbare pdf-Datei per Mail an den Kunden in der von der Beklagten zur Umsetzung ihres Geschäftsmodells vorgehaltenen elektronischen Infrastruktur automatisiert erfolgt, bleibt unklar, welcher Geschäftsaufwand hierdurch vergütet werden soll. Die Klauseln sind auch unwirksam, soweit sie sich auf das Vermittlungs- und Eigenvertriebsgeschäft der Beklagten beziehen, da die Reduktion zu beanstandeten Klauseln auf einen noch zulässigen Inhalt ausscheidet, wenn sie nicht sprachlich und inhaltlich teilbar sind. (BGH, Urt. v. 23.08.2018 – III ZR 192/17)

Abstract: Eine pauschale „Servicegebühr“ für die elektronische Übermittlung einer Eintrittskarte zum Selbstausdrucken ist unzulässig.

Steuerrecht

Keine Lohnsteuerpauschalierung im Fall der Gehaltsumwandlung
Der Kläger hatte im Jahr 2011 mit seinen unbefristet angestellten Arbeitnehmern neue Lohnvereinbarungen getroffen und sich darin verpflichtet, einen Zuschuss für die Nutzung des Internets und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu leisten. Der Zuschuss sollte nicht unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallen. Der Bruttoarbeitslohn wurde zugleich jeweils um den Zuschussbetrag reduziert. Im Jahr 2014 traf der Kläger mit seinen Arbeitnehmern eine Änderungsvereinbarung, wonach die Zuschüsse rein freiwillig geleistet wurden. Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die vom Kläger für die geleisteten Zuschüsse durchgeführte Lohnsteuerpauschalierung zu Unrecht erfolgt sei und erließ einen Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheid. Eine Pauschalierung komme nur dann in Betracht, wenn die Zuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt würden. Im Streitfall lägen hingegen schädliche Gehaltsumwandlungen vor. Die Klage ist ohne Erfolg geblieben.
Das FG hat die Pauschalbesteuerung der geleisteten Zuschüsse abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass die beiden relevanten Lohnbestandteile nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt worden seien. Für die Jahre 2011 bis 2013 scheitere eine Pauschalversteuerung bereits daran, dass den betroffenen Arbeitnehmern ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf die fraglichen Leistungen zugestanden habe. In der ersten Änderungsvereinbarung aus dem Jahr 2011 sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die Zuschüsse nicht unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallen. Ab dem Jahr 2014 hätten die Arbeitnehmer wegen der neu getroffenen Freiwilligkeitsvereinbarung zwar keinen Rechtsanspruch auf die Leistung der Zuschüsse gehabt. Der Pauschalbesteuerung stehe aber entgegen, dass gegenüber der ursprünglichen Lohnvereinbarung kein Mehr an Arbeitslohn hinzugekommen sei. Das Kriterium der Freiwilligkeit sei für die Anwendung der Pauschalbesteuerung nicht allein entscheidend. Es müsse eine Zusatzleistung zu dem bisherigen Arbeitslohn hinzukommen. Mit dem Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ solle die Umwandlung von Arbeitslohn in pauschal besteuerte Leistungen ausgeschlossen werden. Im Streitfall sei im Jahr 2014 eine Umwandlung von verbindlichen in freiwillige zweckgebundene Zusatzleistungen erfolgt. Es sei offenbar bezweckt worden, eine günstigere steuerliche Behandlung des bereits vereinbarten Arbeitslohns zu erreichen. Es handele sich daher um eine für die Pauschalbesteuerung (schädliche) Gehaltsumwandlung. Das FG hat die Revision zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. (FG Düsseldorf, Urt. v. 24.05.2018 – 11 K 3448/15 H (L))

Abstract: Eine pauschale Lohnversteuerung von Zuschüssen des Arbeitgebers zu Fahrtkosten und Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Internetnutzung ist nur zulässig, wenn diese Leistungen zusätzlich zum ursprünglich vereinbarten Bruttolohn erbracht werden.

Arbeitsrecht

Abmahnung eines Redakteurs der „Wirtschaftswoche“ wegen Veröffentlichung eines Artikels bei einer Tageszeitung
Das ArbG Düsseldorf hat die auf Entfernung einer Abmahnung gerichtete Klage eines Redakteurs abgewiesen. Die Abmahnung enthält den Vorwurf, dass er unter dem Titel „Ran an den Speck“ für eine andere Publikation einen Beitrag veröffentlichte, ohne zuvor die Einwilligung seiner Arbeitgeberin eingeholt zu haben, obwohl der Arbeitsvertrag einen solchen Erlaubnisvorbehalt vorsehe.
Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Vertragsklausel, die den Kläger verpflichtet, vor Ausübung einer Nebentätigkeit die Genehmigung des Arbeitgebers einzuholen, wirksam ist, da durch Veröffentlichungen in anderen Publikationen auch Interessen der beklagten Arbeitgeberin betroffen sein können, insbesondere wenn die Kenntnis über die veröffentlichten Inhalte während der bezahlten Tätigkeit des Arbeitnehmers erlangt worden sind. Deshalb wäre der Kläger verpflichtet gewesen, sich vor Veröffentlichung seines Beitrages um die gewünschte Einwilligung zu bemühen. Wenn diese von der beklagten Arbeitgeberin nicht erteilt worden wäre, hätte es ihm freigestanden, den Klageweg zu beschreiten. Da der Kläger hiervon abgesehen hat, stellte sich dem Gericht die Frage, ob die Beklagte im Ergebnis verpflichtet gewesen wäre, die Erlaubnis zu erteilen, damit gar nicht. (ArbG Düsseldorf, Urt. v. 24.08.2018 – 4 Ca 3038/18)

Abstract: Eine einem Redakteur erteilte Abmahnung bezüglich des Vorwurfs, für eine andere Publikation einen Beitrag veröffentlicht zu haben, ohne zuvor die Einwilligung seiner Arbeitgeberin eingeholt zu haben, obwohl der Arbeitsvertrag einen solchen Erlaubnisvorbehalt vorsehe, ist rechtmäßig.

Gewerbeaufsichtsrecht

Kein Anspruch auf gewerberechtliches Einschreiten gegen Volkswagen
Der Antragsteller hatte sich an die Stadt Wolfsburg gewandt und beantragt, der Volkswagen AG die Gewerbeausübung zu untersagen. Er hatte unter anderem geltend gemacht, die Verantwortlichen des Unternehmens seien gewerberechtlich unzuverlässig. Außerdem sei die Gewerbeuntersagung zum Schutz seiner Gesundheit erforderlich. Die Stadt Wolfsburg hatte entsprechende Maßnahmen ablehnt und zur Begründung unter anderem mitgeteilt, sie wolle die strafrechtlichen Ermittlungen abwarten. Den daraufhin vom Antragsteller bei dem VerwG gestellten Eilantrag gegen die Stadt Wolfsburg auf gewerberechtliches Einschreiten hat dieses mit Beschl. v. 25.07.2018 (Az. 1 B 112/18) abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antrag des Antragstellers bereits unzulässig sei. Der Antragsteller könne nicht geltend machen, durch die Unterlassung der Gewerbeuntersagung in eigenen, subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt zu sein.
Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde des Antragstellers hat das OVG nunmehr zurückgewiesen. Das VerwG habe zu Recht entschieden, dass der Antrag des Antragstellers bereits unzulässig sei. Dem Antragsteller stehe kein subjektiv-öffentliches Recht zur Seite. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO, der die Gewerbeuntersagung regele, diene dem Schutz der Allgemeinheit, aber nicht den Individualinteressen einzelner Dritter. Dritte wie der Antragsteller hätten daher keinen Anspruch auf Erlass einer Untersagungsverfügung, selbst wenn die Voraussetzungen für eine Untersagung nachgewiesen worden seien. Der Antragsteller könne sich auch nicht auf sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit berufen. Zwar könne aus Grundrechten unter bestimmten Umständen ein staatliches Tätigwerden mit dem Ziel der Sicherung grundrechtlich geschützter Rechtsgüter geboten sein. Der Staat sei möglichen Gesundheitsgefahren, die auf den Ausstoß von Schadstoffen zurückzuführen seien, vorliegend jedoch bereits auf vielfältige Weise begegnet. (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 27.08.2018 – 7 ME 51/18; unanfechtbar)

Abstract: Bürger können von der Stadt Wolfsburg nicht unter Berufung auf die sog. Diesel-Affäre verlangen, gewerberechtlich gegen die Volkswagen AG einzuschreiten.