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WBP NEWS

Online-News für den 15.04.2021

Zivilrecht/Jagdrecht

Nichtigkeit des Jagdpachtvertrags und daraus resultierende Schadenersatzansprüche
Zwei Jäger hatten 2017 von einer Gemeinde ein Jagdgebiet gepachtet. Einer der beiden Männer besaß aber bei Beginn der Pachtzeit seinen Jagdschein weniger als drei Jahre und war damit nicht „jagdpachtfähig“ i.S.d. Jagdgesetzes. Die Untere Jagdbehörde teilte deshalb mit, dass sie den Pachtvertrag als nichtig ansehe. Nun forderte ein weiterer Jagdfreund von den beiden Pächtern 2.000 € zurück. Diese Summe hatte er für einen sog. Begehungsschein überwiesen. Diesen Betrag sah er als verloren an; er hätte dafür ca. ein Jahr lang in dem Revier jagen dürfen. In zweiter Instanz gab ihm das LG teilweise Recht, nachdem das AG die Rückforderungsklage abgewiesen hatte.
Nach Ansicht des LG ist der mit der Gemeinde geschlossene Jagdpachtvertrag insgesamt nichtig. Das Jagdgesetz verlange, dass bei allen Mitpächtern die gesetzlichen Voraussetzungen für die Pacht erfüllt seien, denn eine Teilnichtigkeit eines Jagdpachtvertrages sei dem Jagdgesetz fremd. Selbst wenn der Landesjagdverband und die Untere Jagdbehörde die Jagdpachtfähigkeit zuvor bestätigt hätten, helfe dies nicht weiter. Denn eine behördliche Auskunft könne eine gesetzliche Vorgabe nicht ersetzen. Da die beiden Jäger damit selbst über kein wirksames Recht an dem Jagdrevier verfügten, konnten sie dem Jagdfreund auch kein wirksames Begehungsrecht übertragen. Sie wurden deshalb zur Rückzahlung der für den Begehungsschein geleisteten Zahlung verurteilt. Allerdings kann dieser nicht die volle Summe zurückverlangen; er muss sich einen Betrag anteilig für die Zeit anrechnen lassen, in der es ihm möglich war, den Begehungsschein zu nutzen. Schließlich war ihm in dieser Zeit sogar gelungen, einen „doppelseitigen Kronenhirsch 2. Klasse“ zu erlegen. Soweit die beiden Pächter versucht hatten, dadurch ihre Zahlungsverpflichtung noch weiter zu drücken, konnten sie allerdings nicht durchdringen. Etwaige Forderungen für das Wildfleisch und den sog. Trophäenwert des Kronenhirsches stünden allenfalls der Gemeinde zu. (LG Frankenthal, Urt. v. 17.02.2021 – 2 S 26/20; rkr.)

Abstract: Ein Jagdpachtvertrag über ein Jagdrevier ist nur dann wirksam, wenn der Jäger bei Beginn der Pachtzeit bereits drei Jahre einen Jagdschein besitzt. Schließen sich mehrere Jäger zusammen und sind nicht alle in diesem Sinne „jagdpachtfähig“, ist der gesamte Pachtvertrag nichtig. Haben die Jagdpächter ihrerseits bereits sog. Begehungsscheine an andere Jäger ausgegeben, müssen die dafür entrichteten Beträge zurückerstattet werden.

Steuerrecht

Umsatzsteuerpflicht bei Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder
Eine Kirche und ein kirchennaher Verein (einer anderen Kirche) gründeten eine gemeinnützige GmbH (die Klägerin), die mit journalistischen Mitteln den Verkündigungsauftrag erfüllen sollte. Die Klägerin belieferte wie eine Nachrichtenagentur ca. 15 Tageszeitungen als Kunden mit Meldungen, die christliche Wertvorstellungen und ethische Positionen verbreiten sollten, gegen eine geringe „Schutzgebühr“. Der verbleibende Finanzbedarf wurde durch Zuwendungen der kirchlichen Gesellschafter gedeckt. Die Klägerin ging davon aus, dass sie keine Leistungen an ihre Gesellschafter erbringe und die Verlustübernahme durch ihre Gesellschafter auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhe.
Finanzamt und Finanzgericht (FG) waren hingegen der Meinung, dass die Klägerin an ihre Gesellschafter umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen in Form der „Medienarbeit“ erbracht habe, für die sie die Zuwendungen der Gesellschafter als Entgelt erhalte. Im Revisionsverfahren wandte die Klägerin erstmals ein, dass ihre Leistungen jedenfalls nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sein müssten. Der BFH hob auf diese Rüge die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Er wies darauf hin, dass das Unionsrecht insoweit zwei mögliche Steuerbefreiungen enthalte, die in den Streitjahren (2011 bis 2013) beide nicht in nationales Recht umgesetzt waren – es könne sich sowohl um steuerfreie Leistungen eines Personenzusammenschlusses an seine gemeinnützigen Mitglieder gegen Erstattung der genauen Kosten als auch um steuerfreie Leistungen einer Einrichtung ohne Gewinnstreben an ihre Mitglieder zu religiösen Zwecken gegen einen satzungsgemäß festgelegten Beitrag handeln. Davon unabhängig muss das FG aber auch prüfen, ob die Klägerin tatsächlich der Umsatzsteuer unterliegende Leistungen an ihre Gesellschafter erbracht hat. Der BFH entschied, dass die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Gesellschafter durch eine gGmbH keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit ist, wenn die Tätigkeit der GmbH einer bestimmten Personengruppe (hier: allen christlichen Kirchen) zugutekommt und sich der Vorteil für den einzelnen Gesellschafter nur mittelbar aus diesen allgemeinen Vorteilen für alle Kirchen ableitet. Die Urteilsgrundsätze könnten positive Auswirkungen für andere Personenzusammenschlüsse haben, die derartige „Leistungen“ an ihre Mitglieder erbringen. Gemeinsame Einrichtungen, die politische, gewerkschaftliche, religiöse, patriotische, weltanschauliche, philanthropische oder staatsbürgerliche Ziele verfolgen, könnten ebenfalls profitieren. (BFH, Urt. v. 23.09.2020 – XI R 35/18)

Abstract: Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder sind unter bestimmten Voraussetzungen nicht umsatzsteuerpflichtig.

Arbeitsrecht

Kündigung nach schweren rassistischen und beleidigenden Äußerungen
Der Kläger war seit dem 01.09.1981 als Facharbeiter bei der Beklagten, einem Unternehmen der chemischen Industrie, beschäftigt. Der 55jährige verheiratete Kläger, der drei Kinder hat, ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. anerkannt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis nach Zustimmung des Integrationsamtes am 26.10.2019 zum 31.05.2020. Sie wirft dem Kläger schwere rassistische und beleidigende Äußerungen gegenüber türkischstämmigen Fremdfirmenmitarbeitern vor. Der Kläger hat diese Äußerungen bestritten und die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung gerügt.
Das LAG hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme stand fest, dass der Kläger sich am 08.01.2019 auf die Frage eines Kollegen, was er zu Weihnachten bekommen habe, in der Werkstattküche wie folgt geäußert hat: „Ich habe mir eine Gaskammer gewünscht, diese aber nicht erhalten. Die Türken soll man ins Feuer werfen und ihnen den Kopf abschlagen.“ Bereits zuvor hatte der Kläger nach der durchgeführten Beweisaufnahme Fremdmitarbeiter als „Ölaugen“, „Nigger“ und „meine Untertanen“ beschimpft. Diese hatten sich deshalb nicht bereits vorher beschwert, weil der Kläger sich als unantastbar geriert hatte, als jemand, dem man „nichts könne“, weil er einen Behindertenausweis habe und unkündbar sei. Die Kündigung des Klägers ist aufgrund dieser Äußerungen sozial gerechtfertigt und hat das Arbeitsverhältnis beendet. Sowohl die Bezeichnung als „Ölaugen“ als auch die Bezeichnung als „Nigger“ oder „Untertanen“ sind nicht hinnehmbare beleidigende Äußerungen. Dies gipfelte dann in der nationalsozialistisch menschenverachtenden Äußerung des Klägers vom 08.01.2019. Diese Bemerkung reduziert die türkischen Arbeitskollegen auf lebensunwerte Wesen und stellt einen unmittelbaren Bezug zu den nationalsozialistischen Gräueltaten her. Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens war der Beklagten eine vorherige Abmahnung unzumutbar. Die Interessenabwägung fiel trotz des hohen sozialen Besitzstandes und den eher schlechten Chancen des Klägers auf dem Arbeitsmarkt zu dessen Lasten aus. Allein der Vorfall vom 08.01.2019 zeigt für sich betrachtet bereits eine derart menschenverachtende Einstellung des Klägers gegenüber den türkischstämmigen Beschäftigten, die es der Beklagten nicht zumutbar macht, den Kläger über den Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil der Kläger vor seinen Äußerungen zur „Gaskammer“ in keiner Weise von anderen Mitarbeitern gereizt oder verbal angegriffen worden ist. Die Äußerung fiel vielmehr als Antwort auf die völlig unverfängliche Frage des Kollegen, was der Kläger denn zu Weihnachten bekommen habe. Das LAG hat weiter berücksichtigt, dass es sich nicht um einen einmaligen Vorfall handelte, sondern der Kläger bereits zuvor andere Mitarbeiter wiederholt erheblich beleidigt und zusätzlich seinen sozialen Besitzstand dazu ausgenutzt hat, sich als unangreifbar darzustellen. Nach den Feststellungen des LAG wurden der Betriebsrat und die in diesem Fall mangels örtlicher Schwerbehindertenvertretung zuständige Gesamtschwerbehindertenvertretung vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt. (LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.2020 – 5 Sa 231/20; Rev. nicht zugelassen)

Abstract: Äußert sich ein Arbeitnehmer menschenverachtend gegenüber türkischstämmigen Kollegen, ist es der Arbeitgeberin nicht zumutbar, den Kläger über den Ablauf der Kündigungsfrist – auch ohne vorherige Abmahnung und trotz einer Schwerbehinderung – weiter zu beschäftigen.

Zivilrecht

Zulässigkeit der Erhebung eines Entgelts für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal
Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte veranstaltet Fernbusreisen und bewirbt diese im Internet. Sie bietet ihren Kunden vier Zahlungsmöglichkeiten an, nämlich die Zahlung mit EC-Karte, Kreditkarte, Sofortüberweisung oder PayPal. Bei Wahl der Zahlungsmittel „Sofortüberweisung“ und „PayPal“ erhebt die Beklagte ein vom jeweiligen Fahrpreis abhängiges zusätzliches Entgelt. Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen § 3a UWG i.V.m. § 270a BGB und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Die Beklagte hat dadurch, dass sie für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal ein zusätzliches Entgelt verlangt hat, nicht gegen § 270a BGB verstoßen. Nach § 270a Satz 1 BGB ist eine Vereinbarung unwirksam, die den Schuldner zur Zahlung eines Entgelts für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte verpflichtet. Für die Nutzung von Zahlungskarten gilt dies nach § 270a Satz 2 BGB nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, auf die Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge anwendbar ist. Bei Wahl des Zahlungsmittels „Sofortüberweisung“ kommt es zu einer Überweisung vom Konto des Kunden auf das Konto des Empfängers. Dabeihandelt es sich um eine SEPA-Überweisung i.S.v. § 270a Satz 1 BGB, auch wenn diese Überweisung nicht durch den Kunden, sondern im Auftrag des Kunden durch den Betreiber des Zahlungsdienstes „Sofortüberweisung“ ausgelöst wird. Das von der Beklagten bei Wahl der Zahlungsmöglichkeit „Sofortüberweisung“ geforderte Entgelt wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht für die Nutzung dieser Überweisung verlangt, sondern für die Einschaltung des Zahlungsauslösedienstes, der neben dem Auslösen der Zahlung weitere Dienstleistungen erbringt. So überprüft er etwa die Bonität des Zahlers und unterrichtet den Zahlungsempfänger vom Ergebnis dieser Überprüfung, so dass dieser seine Leistung bereits vor Eingang der Zahlung erbringen kann. Auch bei Wahl der Zahlungsmöglichkeit „PayPal“ kann es zu einer SEPA-Überweisung oder einer SEPA-Lastschrift i.S.v. § 270a Satz 1 BGB oder einen kartengebundenen Zahlungsvorgang im Sinne von § 270a Satz 2 BGB kommen, wenn das PayPal-Konto des Zahlers kein ausreichendes Guthaben aufweist und durch eine Überweisung, Lastschrift oder Kreditkartenabbuchung aufgeladen werden muss. Auch in diesem Fall verlangt die Beklagte von ihren Kunden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber kein Entgelt für die Nutzung dieser Zahlungsmittel, sondern allein für die Einschaltung des Zahlungsdienstleisters „PayPal“, der die Zahlung vom PayPal-Konto des Zahlers auf das PayPal-Konto des Empfängers durch Übertragung von E-Geld abwickelt. Der Erhebung eines Entgelts für zusätzliche Leistungen steht das Verbot der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Zahlungskarte im Sinne von § 270a BGB nicht entgegen. (BGH, Urt. v. 25.03.2021 – I ZR 203/19)

Abstract: Unternehmen dürfen von ihren Kunden ein Entgelt für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal erheben, wenn das Entgelt allein für die Nutzung dieser Zahlungsmittel und nicht für eine damit im Zusammenhang stehende Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Kreditkarte verlangt wird.