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WBP NEWS

Online-News für den 01.10.2023

Zivilrecht

Untervermietung bei einer Einzimmerwohnung
Der Kläger ist Mieter einer Einzimmerwohnung. Mit Schreiben vom 17.03.2021 bat er die beklagten Vermieter wegen eines beruflichen Auslandsaufenthalts um die Gestattung der Untervermietung vom 15.06. bis 30.11.2022 an eine namentlich benannte Person. Die Beklagten lehnten dies ab. Mit der im Mai 2021 erhobenen, auf die Erlaubnis der Untervermietung „eines Teils der Wohnung“ an den bezeichneten Untermieter gerichteten Klage hat der Kläger vorgetragen, er wolle für die Dauer seiner berufsbedingten Abwesenheit einen Teil der Wohnung an die benannte Person untervermieten, jedoch persönliche Gegenstände weiter in der Wohnung lagern. Während seines Auslandaufenthalts lagerte der Kläger seine in der (untervermieteten) Wohnung verbliebenen persönlichen Gegenstände dort in einem Schrank und einer Kommode sowie in einem am Ende des Flurs gelegenen, durch einen Vorhang abgetrennten, nur von ihm zu nutzenden Bereich von der Größe eines Quadratmeters. Ferner blieb er im Besitz eines Wohnungsschlüssels. Die Klage hat beim AG keinen Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Klägers hat das LG die Beklagten antragsgemäß verurteilt, die Untervermietung „eines Teils der Wohnung“ an die von dem Kläger benannte Person zu gestatten. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der BGH hat entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch gemäß § 553 Abs. 1 BGB auf Gestattung der befristeten, teilweisen Gebrauchsüberlassung an den von ihm benannten Dritten zusteht. Wie der Senat in der Vergangenheit bereits (zu Wohnungen mit mehreren Zimmern) entschieden hat, stellt die Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums noch qualitative Anforderungen bezüglich dessen weiterer Nutzung durch den Mieter auf. Von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums an einen Dritten im Sinne der Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB ist daher regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Danach kann ein Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an einen Dritten grundsätzlich auch bei einer Einzimmerwohnung gegeben sein. Ein Ausschluss von Einzimmerwohnungen aus dem Anwendungsbereich der Bestimmung des § 553 Abs. 1 BGB ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut, der Gesetzesgeschichte noch aus dem mieterschützenden Zweck der Vorschrift. Letzterer liefe für Mieter einer Einzimmerwohnung andernfalls gänzlich leer. Sachgerechte Gründe dafür, solche Mieter insoweit als weniger schutzwürdig anzusehen als Mieter einer Mehrzimmerwohnung, erschließen sich indes nicht, denn auch dem Mieter einer Einzimmerwohnung kann es, namentlich bei – wie hier – befristeter Abwesenheit, darum gehen, sich den Wohnraum zu erhalten. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger dem Untermieter die Einzimmerwohnung nur teilweise überlassen wollte, ist demnach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat seinen Gewahrsam an der Wohnung nicht vollständig aufgegeben. Denn er hat persönliche Gegenstände in der Wohnung in Bereichen zurückgelassen, die seiner alleinigen Nutzung vorbehalten waren, und sich den Zugriff hierauf zudem durch Zurückbehaltung eines Wohnungsschlüssels gesichert. Hinzu tritt der Wille des Klägers, die Wohnung nur für die Zeit seines Auslandsaufenthalts teilweise einem Dritten zu überlassen. (BGH, Urt. v. 13.09.2023 – VIII ZR 109/22)

Abstract: Ein Mieter hat einen Anspruch auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an einen Dritten gemäß § 553 Abs. 1 BGB auch im Falle einer Einzimmerwohnung.

Steuerrecht

Anscheinsbeweis spricht bei Alleingesellschafter-Geschäftsführer trotz Nutzungsverbots für Privatnutzung
Die Klägerin ist eine GmbH. Im Anstellungsvertrag vereinbarte sie mit ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer einen Anspruch auf die Gestellung eines PKW der gehobenen Mittelklasse, den er aber nicht privat nutzen dürfe. Tatsächlich stellte die GmbH ihrem Geschäftsführer im Streitjahr 2016 hintereinander zwei solcher Fahrzeuge zur Verfügung. In dessen Privatvermögen befand sich zunächst ebenfalls ein Mittelklassefahrzeug, das im Laufe des Streitjahres durch ein auf dessen Ehefrau angemeldetes anderes Mittelklassefahrzeug ersetzt wurde. Die GmbH machte für das von ihr neu angeschaffte Fahrzeug eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG geltend. Eine private Nutzung der beiden betrieblichen Fahrzeuge erfasste sie nicht. Das Finanzamt setzte für das neu angeschaffte Fahrzeug im Hinblick auf die Privatnutzung durch den Geschäftsführer eine verdeckte Gewinnausschüttung an, die sie nach der 1%-Regelung mit 4.000 € berechnete. Da keine (fast) ausschließlich betriebliche Nutzung dieses Fahrzeugs vorliege, erkannte das Finanzamt die Sonderabschreibung nach § 7g EStG nicht an. Zur Begründung ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage führte die Klägerin aus, dass ihr Geschäftsführer das Fahrzeug nicht privat genutzt habe. Hierzu legte sie eine weitere Vereinbarung vor, wonach der Geschäftsführer verpflichtet sei, das Fahrzeug nach Geschäftsschluss auf dem Firmengelände abzustellen. Eine „Dienstwagenbesteuerung“ komme nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur Nutzung überlasse. Der Anscheinsbeweis könne eine Überlassung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs selbst dann nicht ersetzen, wenn das Nutzungsverbot nicht überwacht werde. Der 10. Senat des Finanzgerichts Münster hat die Klage abgewiesen. Im Streitfall spreche der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des Fahrzeugs, welche zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führe. Der Senat ist insoweit der Rechtsprechung des für Körperschaftsteuerfragen zuständigen I. Senats des BFH gefolgt. Danach spreche die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass ein einem Gesellschafter-Geschäftsführer von der Gesellschaft zur Nutzung überlassenes betriebliches Fahrzeug auch privat genutzt werde. Dies gelte auch bei einem Privatnutzungsverbot, wenn keine organisatorischen Maßnahmen getroffen würden, die eine private Nutzung ausschließen. Der Rechtsprechung des für Lohnsteuerfragen zuständigen VI. Senats des BFH, wonach keine zu Arbeitslohn führende Privatnutzung eines Fahrzeugs anzunehmen sei, wenn diese vertraglich untersagt sei, ist das Finanzgericht Münster nicht gefolgt. Für den Anscheinsbeweis spreche, dass ein Privatnutzungsverbot wegen des fehlenden Interessengegensatzes keine gesellschaftsrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehe. Es könne daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass der Geschäftsführer sich tatsächlich an das Verbot halte. Die Klägerin habe den Anscheinsbeweis nicht entkräftet. Sie habe es versäumt, Beweisvorsorge etwa durch Führung eines Fahrtenbuches oder sonstige Aufzeichnungen zu treffen. Die im Privatvermögen zeitlich hintereinander gehaltenen Fahrzeuge seien aufgrund der geringeren Motorisierung und des niedrigeren Wertes in Status und Nutzungswert nicht mit den betrieblichen Fahrzeugen vergleichbar. Zudem habe auch die Ehefrau des Geschäftsführers die Privatfahrzeuge – etwa für Einkaufsfahrten – genutzt. Zur tatsächlichen Durchführung der Vereinbarung, wonach das betriebliche Fahrzeug nach Geschäftsschluss auf dem Firmengelände abzustellen sei, habe die Klägerin keine Belege vorgelegt. Da der aufgrund des Anscheinsbeweises anzunehmenden Privatnutzung keine Überlassungsvereinbarung zugrunde lag, führe diese nicht zu Arbeitslohn, sondern zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Diese sei allerdings – entgegen der Auffassung des Finanzamts – nicht anhand der 1%-Regelung zu bewerten, da dieser lohnsteuerrechtliche Wert (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) für die Bewertung einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht gelte. Der Wert sei vielmehr nach Fremdvergleichsmaßstäben zu schätzen. Bei der Berechnung hat der Senat einen Gewinnaufschlag von 5 % auf die Fahrzeugkosten vorgenommen und die Privatnutzung mit 50 % angesetzt. Da der danach ermittelte gemeine Wert (netto) von 4.771 € die vom Finanzamt angesetzten 4.000 € überschreite, greife das Verböserungsverbot, sodass es beim bisherigen Ansatz bleibe. Vor diesem Hintergrund könne offenbleiben, ob noch Umsatzsteuerbeträge hinzuzurechnen seien. Der Senat hat ebenfalls die Sonderabschreibung nach § 7g EStG für das neu angeschaffte Fahrzeug versagt, da dieses nicht zu mindestens 90% betrieblich genutzt worden sei. Die Klägerin habe ihrem Geschäftsführer das Fahrzeug gerade nicht betrieblich im Rahmen des Anstellungsvertrags überlassen, sondern im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung. Dies stelle keine betriebliche Nutzung im Sinne von § 7g EStG dar. (FG Münster,Urt.v. 28.04.2023 – 10 K 1193/20 K,G,F; nrkr. BFH.: I R 33/23)

Abstract: Bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer kann selbst dann ein zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führender Anscheinsbeweis für die Privatnutzung eines von der GmbH überlassenen PKW vorliegen, wenn im Anstellungsvertrag ein Privatnutzungsverbot vereinbart wurde. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist auf Ebene der Gesellschaft jedoch nicht nach der 1%-Regelung, sondern nach Fremdvergleichsgrundsätzen zu bewerten.

Verwaltungsrecht

Widerruf von 77 Mietwagengenehmigungen
Die Stadt Düsseldorf hat die Genehmigung für 77 Mietwagen von vier verbundenen Unternehmen widerrufen, die u.a. über Vermittlungsplattformen im Internet (z.B. UBER) Fahrgäste befördern. Die 6. Kammer des VerwG hat in einem Eilverfahren entschieden, dass der Widerruf voraussichtlich zu Recht erfolgt ist. Die Unternehmen müssen ihren Mietwagenbetrieb nunmehr sofort einstellen. Nach dem Personenbeförderungsgesetz muss eine Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen widerrufen werden, wenn der Geschäftsführer eines Mietwagenunternehmens unzuverlässig ist. Das ist hier nach den im Eilverfahren vorliegenden Erkenntnissen der Fall. Insoweit kann offenbleiben, ob sich bereits aus den von der Stadt Düsseldorf zur Begründung des Widerrufs angeführten Gesetzesverstößen die Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers ergibt. Denn auch nach dem Widerruf der Genehmigungen haben die von ihm geführten Unternehmen die Mietwagen teilweise weiter eingesetzt. Damit haben sie gegen eine Hauptpflicht des Personenbeförderungsrechts verstoßen. (VerwG Düsseldorf, Beschl. v. 14.089.2023 – 6 L 1791/23)

Abstract: Nach dem Personenbeförderungsgesetz muss eine Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen widerrufen werden, wenn der Geschäftsführer eines Mietwagenunternehmens unzuverlässig ist.

Zivilrecht

Aufklärungspflichten des Immobilienverkäufers bei Einrichtung eines Datenraums
Die Beklagte zu 1) (Verkäuferin) verkaufte der Klägerin mit notariellem Vertrag vom 25.03.2019 mehrere Gewerbeeinheiten in einem großen Gebäudekomplex zu einem Kaufpreis von 1.525.000 € unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. In dem Kaufvertrag versicherte die Verkäuferin, dass keine Beschlüsse gefasst seien, aus denen sich eine künftig fällige Sonderumlage ergebe, mit Ausnahme eines Beschlusses über die Dachsanierung mit wirtschaftlichen Auswirkungen von 5.600 € jährlich für den Käufer. Zudem versicherte die Verkäuferin, dass nach ihrer Kenntnis außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten im laufenden Wirtschaftsjahr nicht angefallen seien und ihr auch nicht bekannt sei, dass solche Kosten bevorstünden oder weitere Sonderumlagen beschlossen worden seien. Weiter heißt es in dem Kaufvertrag, der Verkäufer habe dem Käufer die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre übergeben und der Käufer habe Kenntnis von dem Inhalt der Unterlagen. Die Klägerin wurde als Eigentümerin der Einheiten in das Grundbuch eingetragen. Im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen, die auf Seiten der Verkäuferin von dem Beklagten zu 2) geführt wurden, erhielt die Klägerin Zugriff auf einen von der Verkäuferin eingerichteten virtuellen Datenraum, der verschiedene Unterlagen zu dem Kaufobjekt enthielt. Am Freitag, dem 22.03.2019, stellte die Beklagte das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 01.11.2016 in den Datenraum ein. In dieser Versammlung hatten die Eigentümer beschlossen, eine frühere Mehrheitseigentümerin auf Zahlung von 50 Mio. € in Anspruch zu nehmen zur Umsetzung eines im Jahre 2006 gefassten Beschlusses über Umbaumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum. Die Erhebung einer Sonderumlage in gleicher Höhe von den Eigentümern der Gewerbeeinheiten war abgelehnt worden. Um die Erhebung der Sonderumlage durchzusetzen, hatte eine andere Eigentümerin Klage erhoben. Das Verfahren endete im Januar 2020 mit einem Vergleich, demzufolge von den Eigentümern der Gewerbeeinheiten eine Sonderumlage von zunächst 750.000 € – bei Bedarf bis zu 50 Mio. € – für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum erhoben werden sollte. Auf dieser Grundlage wurde auch die Klägerin in Anspruch genommen. Daraufhin erklärte sie mit Schreiben vom 02.03.2020 die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung, vorsorglich den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit der Klage verlangt die Klägerin die Freistellung von den zur Finanzierung des Kaufpreises eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten, hilfsweise die Zahlung von 1.500.000 €, daneben die Zahlung von 184.551,82 € – jeweils Zug um Zug gegen Übereignung der Gewerbeeinheiten und Abtretung der Rückgewähransprüche bezüglich der eingetragenen Grundschulden – sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden und des Annahmeverzugs. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem BGH zugelassenen Revision hat die Klägerin ihre Klageanträge weiterverfolgt. Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts bis auf einen Nebenpunkt aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Verkäuferin habe hinsichtlich des Kostenumfangs für die anstehenden Sanierungsmaßnahmen keine sie treffende Aufklärungspflicht verletzt, ist rechtsfehlerhaft. Wie das Berufungsgericht zutreffend sieht, geht es hier nicht um einen Sach- oder Rechtsmangel des Kaufobjekts, sondern allein um die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss wegen unterbliebener Aufklärung. Die Klägerin leitet ihre Ansprüche nämlich nicht aus einem mangelhaften Zustand des Gebäudes ab, sondern daraus, dass sie nicht hinreichend über eine konkret drohende Sonderumlage in Höhe von bis zu 50 Mio. € aufgeklärt worden sei. Sie macht damit einen Schadensersatzanspruch gegen die Verkäuferin aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht geltend. Im Ausgangspunkt musste die Verkäuferin die Klägerin auch ungefragt darüber aufklären, dass bauliche Maßnahmen an dem Kaufobjekt mit einem Kostenumfang von 50 Mio. € ausstanden. Dieser Kostenumfang war für die Klägerin zweifelsohne von erheblicher Bedeutung. Dass er bei einer Besichtigung ohne Weiteres erkennbar war, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich. Die Aufklärungspflicht der Verkäuferin galt auch unabhängig davon, dass diese Kosten vorrangig von der Mehrheitseigentümerin getragen werden sollten und eine Sonderumlage noch nicht beschlossen war. Denn solange die geplanten baulichen Maßnahmen nicht umgesetzt und bezahlt waren, bestand für die Klägerin als künftige Eigentümerin mehrerer Gewerbeeinheiten die konkrete Gefahr, dass die hierfür anfallenden Kosten anteilig von ihr getragen werden müssen. Entscheidend ist deshalb, ob die Klägerin ausreichend aufgeklärt worden ist. Die Verkäuferin hat ihre Aufklärungspflicht nicht schon dadurch erfüllt, dass sie am 22.03.2019 das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 01.11.2016 in den Datenraum eingestellt hat. Nach der Rechtsprechung des BGH schließt die für den Käufer bestehende Möglichkeit, sich die Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand selbst zu verschaffen, die Pflicht des Verkäufers zur Offenbarung nicht von vornherein aus. Ein verständiger und redlicher Verkäufer darf zwar davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne Weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist. Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich die Kenntnis selbst zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit aber nicht ohne Weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen nicht nur zum Zweck allgemeiner Information, sondern unter einem bestimmten Gesichtspunkt gezielt durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein Verkäufer nicht ohne Weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen oder einen ihm übergebenen Ordner mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt auf Mängel des Kaufobjekts durchsehen wird. Diese Rechtsprechung zu übergebenen Unterlagen ist sinngemäß auf den Fall zu übertragen, dass der Verkäufer einen Datenraum mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt einrichtet und dem Käufer hierauf Zugriff gewährt. Der Umstand allein, dass der Verkäufer einen Datenraum einrichtet und den Kaufinteressenten den Zugriff auf die Daten ermöglicht, lässt nicht stets den Schluss zu, dass der Käufer den offenbarungspflichtigen Umstand zur Kenntnis nehmen wird. Nur wenn im Einzelfall die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Käufer bestimmte, von dem Verkäufer in dem Datenraum bereit gestellte Informationen – etwa im Rahmen einer Due Diligence – wahrnehmen und in seine Kaufentscheidung einbeziehen wird, ist eine gesonderte Aufklärung durch den Verkäufer nicht erforderlich. Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, erfüllt daher hierdurch seine Aufklärungspflicht nur, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird. Ob dies aus Verkäufersicht der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa davon, ob und in welchem Umfang der Käufer – wozu er von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist – eine Due Diligence durchführt, wie der Datenraum und der Zugriff hierauf strukturiert und organisiert sind, welche Vereinbarungen hierzu getroffen wurden, wie wichtig die Information ist, um deren Offenbarung es geht, und wie leicht sie im Datenraum aufzufinden ist. Im vorliegenden Fall konnte die Verkäuferin nicht die berechtigte Erwartung haben, dass die Klägerin die in dem Protokoll enthaltenen Informationen noch vor Vertragsschluss zur Kenntnis nimmt, weil sie – wie für das Revisionsverfahren zu unterstellen war – das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 01.11.2016 kurz vor Abschluss des Kaufvertrages in den Datenraum eingestellt hat, ohne die Klägerin hierüber in Kenntnis zu setzen. Die Klägerin
hatte ohne gesonderten Hinweis auf das neu eingestellte Dokument keinen Anlass, in dem Zeitfenster zwischen dem Einstellen des Protokolls am Freitag, den 22.03.2019, und dem Notartermin am Montag, den 25.03.2019, um 10 Uhr noch einmal Einsicht in den Datenraum zu nehmen. Zudem kommt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – unabhängig von einer Aufklärungspflicht der Verkäuferin – ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Verkäuferin aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB insoweit wegen einer unzutreffenden Erklärung der Verkäuferin in dem notariellen Kaufvertrag und wegen einer unrichtigen oder unvollständigen Antwort der Verkäuferin auf Fragen der Klägerin in Betracht. Die vertragliche Erklärung der Verkäuferin, dass nach ihrer Kenntnis außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten nicht bevorstünden, könnte angesichts ausstehender baulicher Maßnahmen im Umfang von 50 Mio. € zumindest unvollständig gewesen sein. Gleiches gilt für die nach dem Vorbringen der Klägerin auf ihre Frage, ob und welcher Kostenanteil in Anbetracht des Sanierungsstaus womöglich auf sie zukomme, von der Verkäuferin gegebene Antwort, die Büroeinheiten verfügten über eine Option zur Umwandlung in Wohneinheiten, bei denen eine Kostenbeteiligung an Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen, welche eigentlich nur die Ladeneigentümer beträfen, nicht vorgesehen sei. Infolgedessen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden, weil noch weitere Feststellungen zu dem Sachverhalt zu treffen sind. Unter anderem hatte die Beklagte behauptet, sie habe der Klägerin die relevanten Unterlagen schon früher in Papierform zukommen lassen. (BGH, Urt. v. 15.09.2023 – V ZR 77/22)

Abstract: Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, erfüllt hierdurch seine Aufklärungspflicht nur, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird. Bundestag stimmt gegen ermäßigte Umsatzsteuer in Restaurants Ein dauerhafter ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7% auf den Verzehr von Speisen in Restaurants hat am 21.09.2023 keine Mehrheit im Bundestag gefunden. Ein entsprechender Entwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes wurde in zweiter Lesung nach namentlicher Abstimmung abgelehnt. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (20/7371) zugrunde. Die Abstimmung über ein von der Unionsfraktion zur dritten Lesung vorgelegten Entschließungsantrag (20/8425) ist dementsprechend entfallen. Darin war unter anderem die Beibehaltung des bestehenden ermäßigten Mehrwertsteuersatzes und flexible Arbeitszeitmodelle gefordert worden. Die Senkung des Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken von 19% auf den ermäßigten Satz von 7% war zum 01.07.2020 vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie eingeführt und mehrfach verlängert worden, zuletzt bis Ende 2023.