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WBP NEWS

Online-News für den 15.10.2023

Zivilrecht

Wirksamkeit von vorformulierten Vertragsbedingungen einer deutschen Geschäftsbank
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von vorformulierten Vertragsbedingungen einer deutschen Geschäftsbank. Sie verpflichten u. a. Sparer bei Überschreiten eines bestimmten Freibetrags zur Zahlung von sog. Verwahr- bzw. Guthabenentgelten. Die beklagte Geschäftsbank wendet sich u. a. gegen ihre Verurteilung, AGB-Klauseln, die zur Zahlung eines Entgelts für die Verwahrung von Spareinlagen verpflichten, nicht mehr zu verwenden. Die beklagte Bank schließt mit Verbrauchern u. a. Verträge über die Verwahrung von Spareinlagen. Neukunden mussten im Zeitraum von Mitte des Jahres 2020 bis Mitte 2022 ab einem Freibetrag von zunächst 250.000 € ein Verwahrentgelt zahlen, Bestandskunden nach entsprechender Vereinbarung. Bei Abschluss einer Geschäftsbeziehung mit Neukunden verwendete die Beklagte ein Formular, in dem in Ziff. 15 eine „Rahmenvereinbarung zur Verwahrung von Einlagen“ enthalten war. Das dort in Bezug genommene Preis- und Leistungsverzeichnis sah für neu eingerichtete Kundennummern oberhalb des Freibetrags ein Verwahrentgelt von 0,5 % p. a. vor. Die Neukunden mussten mit einer gesonderten Unterschrift ihr Einverständnis mit der Verwahrung der Einlagen erklären. Gegenüber Bestandskunden stellte die beklagte Bank ab Anfang 2021 eine vorformulierte Vereinbarung zur Diskussion, die ebenfalls die Verpflichtung zur Zahlung eines Guthabenentgelts in Höhe von 0,5% für Euro-Einlagen einschließlich Spareinlagen enthielt. Das LG hatte die Beklagte u.a. verurteilt, die Klauseln über die Erhebung von Verwahr- bzw. Gutachtenentgelten nicht mehr zu verwenden. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG Erfolg. Die Klauseln seien wirksam vereinbart worden, begründete das OLG seine Entscheidung. Dabei könne offenbleiben, ob es sich bei den streitgegenständlichen Klauseln auch im Bereich der Bestandskunden um AGB handele. Jedenfalls stellten die Klauseln sowohl im Rahmen der Neu- als auch der Bestandskundengeschäfte sog. Preishauptabreden dar. Derartige Klauseln, die unmittelbar den Preis für die Hauptleistung bestimmten, seien der Inhaltskontrolle nach dem Gesetz über die AGB entzogen. Die Klauseln regelten unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung bei Sparverträgen. „Verwahrung und Rückgewähr des gleichen Geldbetrags (ist die) einseitige vertragliche Hauptleistungspflicht der Bank aus dem Sparvertrag“, betont das OLG im Anschluss an die dahingehende Rechtsprechung des BGH (zuletzt Urt. v. 25.07.2023 – XI ZR 221/22). Da Sparverträge nur einseitig zur Verwahrung und Rückgewähr verpflichteten, könne die Bank damit auch einen Preis dafür bestimmen, der keiner Inhaltskontrolle nach den Regelungen über die AGB unterliege. Es liege – entgegen der Ansicht des LG – kein Darlehensvertrag vor, da der Sparer nicht zur Einzahlung eines bestimmten Geldbetrags verpflichtet sei. Ergänzend verweist der Senat darauf, dass die Klauseln gegenüber Neu- wie Bestandskunden selbst im Fall einer Inhaltskontrolle nicht unwirksam wären. Sie benachteiligten den Sparer nicht unangemessen, da aus dem Sparvertrag als unregelmäßigem Verwahrungsvertrag nur einseitig die Bank zur Verwahrung und Rückgewähr verpflichtet sei. Anders als den Darlehensgeber treffe den Sparer keine durch Zahlung von Zinsen zu vergütende Pflicht, der Bank Gelder zu überlassen. Folglich seien die Klauseln auch nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Darlehensvertrags unvereinbar. Auch seien die streitgegenständlichen Klauseln weder intransparent noch überraschend. Jeder Neukunde müsse sich klar und unmissverständlich durch seine Unterschrift mit der Vereinbarung zur Verwahrung von Einlagen einverstanden erklären. Die Vereinbarung mit Bestandskunden diene ersichtlich gerade der Vereinbarung eines Guthabenentgelts. (OLG Frankfurt, Urt. v. 05.10.2023 – 3 U 286/22; nrkr.)

Abstract: Die vorformulierten Vertragsbedingungen einer deutschen Geschäftsbank, mit denen u.a. Sparer bei Überschreiten eines bestimmten Freibetrags zur Zahlung von sog. Verwahr- bzw. Guthabenentgelten herangezogen werden, sind wirksam, da sie nicht als Preishauptabreden der Inhaltskontrolle AGB unterfallen und zudem weder intransparent noch überraschend sind.

Zivilrecht

„Hotelbewertungen“
Die unter anderem für das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige 37. Zivilkammer hat ein Versäumnisurteil hinsichtlich der Unterlassung sog. „Fake-Bewertungen“ von Hotelaufenthalten erlassen. Die beiden Beklagten wurden verurteilt, es zu unterlassen, Bewertungen für Unterkünfte auf dem von der Klägerin betriebenen Portal holidaycheck.de zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, denen kein tatsächlicher Aufenthalt des Bewerters in der jeweiligen Unterkunft zugrunde liegt bzw. sich an der Abgabe solcher Bewertungen direkt oder indirekt zu beteiligen. Die Kammer sprach ebenfalls Auskunfts-, Löschungs- und Schadenersatzansprüche im Wege des Versäumnisurteils zu. (LG München I, Urt. v. 24.07.2023 – 37 O 11887/21; nrkr.).

Abstract: Personen haben es zu unterlassen, Bewertungen für Unterkünfte auf dem von der Klägerin betriebenen Portal holidaycheck.de zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, wenn sie keinen tatsächlichen Aufenthalt in der jeweiligen Unterkunft hatten. Die haben es auch zu unterlassen, sich an solchen Bewertungen direkt oder indirekt zu beteiligen.

Arbeitsrecht

Außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds
Die beklagte Arbeitgeberin betreibt ein Waren- und Logistikzentrum. Der Kläger ist freigestelltes Mitglied des bei der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats. Der Kläger meldete sich in seiner Funktion als Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung mit Einverständnis der Beklagten bei dem Seminar „Die Schwerbehindertenvertretung II“ für den Zeitraum vom 06.02.2023 bis zum 10.02. 2023 in Köln an. Die Seminargebühr und die Hotelkosten wurden von der Beklagten getragen. Für die Teilnahme an dem Seminar hatte der Kläger mit Kenntnis der Beklagten einen Mietwagen bei einer Mietwagenfirma angemietet. Am 06.02.2023 nahm der Kläger ohne Wissen der Beklagten an einem gewerkschaftlich organisierten Beratungstreffen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil in Berlin teil. Am Folgetag fuhr der Kläger nach Hannover zu einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen Herrn Stephan Weil. Beide Fahrten unternahm der Kläger mit dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Mietwagen und rechnete die Tankkosten über diese ab. Mit Schreiben vom 07.03.2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich fristlos mit sofortiger Wirkung. Das Betriebsratsgremium hat dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung zugestimmt. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, seine arbeitsvertraglichen Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt zu haben, indem er falsche Angaben zur Arbeitszeit tätigte und zudem Reisekosten für Fahrten, die nicht im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit des Klägers, insbesondere nicht im Zusammenhang mit der von ihm behaupteten Seminarteilnahme, standen, bei der Beklagten geltend gemacht zu haben. Das ArbG hat den Kündigungsschutzantrag des Klägers mit Urteil vom 19.09.2023 abgewiesen. Ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentliche Kündigung liegt vor. Aufgrund der eigenen Einlassungen des Klägers steht fest, dass er entgegen seinen eigenen Angaben am 06.02.2023 und 07.02.2023 nicht bzw. nur zeitweilig am Seminar in Köln teilgenommen hat. Darüber hinaus hat er nicht im Zusammenhang mit der Seminarteilnahme stehende Fahrtkosten über die Beklagte abgerechnet. Die Teilnahme an den Veranstaltungen in Berlin und Hannover liegt auch nicht in der direkten Ausübung seines Betriebsratsmandats begründet. Besonders schwerwiegend ist aber die Verletzung des Vertrauensverhältnisses gegenüber der Beklagten aufgrund der objektiv falschen Angaben des Klägers in Bezug auf die Arbeitszeit und die angefallenen Spesen. In der Gesamtschau dieser Umstände rechtfertigt dieses Verhalten eine außerordentliche Kündigung. (ArbG Verden/Aller, Urt. v. 19.09.2023 – 2 Ca 101/23)

Abstract: Wenn ein Betriebsratsmitglied ein Seminar auf Kosten des Arbeitgebers besuchen möchte, dieses aber nur zeitweilig tut und stattdessen anders motivierte Fahrten unternimmt und diese Kosten dem Arbeitgeber in Rechnung stellt, ist eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt.

Zivilrecht

Widerrufsrecht eines im Fernabsatz abgeschlossenen Abonnements
Das Unternehmen betreibt Internet-Lernplattformen für Schüler. Beim erstmaligen Abschluss eines Abonnements kann dieses 30 Tage lang kostenlos getestet und während dieser Zeit jederzeit fristlos gekündigt werden. Das Abonnement wird erst nach Ablauf dieser 30 Tage kostenpflichtig. Wenn der kostenpflichtige Abonnementzeitraum abläuft, ohne dass eine Kündigung erfolgt ist, verlängert sich das Abonnement automatisch um einen bestimmten Zeitraum. Bei einem Vertragsschluss im Fernabsatz informiert das Unternehmen die Verbraucher über das Rücktrittsrecht (Widerrufsrecht). Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ist aber der Ansicht, dass dem Verbraucher ein Rücktrittsrecht (Widerrufsrecht) nicht nur aufgrund des Abschlusses eines 30-tägigen kostenlosen Testabonnements, sondern auch aufgrund der Umwandlung dieses Abonnements in ein kostenpflichtiges Abonnement und dessen Verlängerung zustehe. Der Oberste Gerichtshof (Österreich), der mit dem Rechtsstreit befasst ist, hat den EuGH dazu um Auslegung der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ersucht. Der Gerichtshof antwortet, dass dem Verbraucher das Recht, einen Fernabsatzvertrag zu widerrufen, bei einem Abonnementvertrag, der anfangs einen kostenlosen Zeitraum vorsieht und sich, wenn dieser Vertrag nicht gekündigt wird, automatisch verlängert, grundsätzlich nur ein einziges Mal zukommt. Wurde der Verbraucher bei Abschluss des Abonnements nicht klar, verständlich und ausdrücklich darüber informiert, dass dieses Abonnement nach einem kostenlosen Anfangszeitraum kostenpflichtig wird, muss er jedoch über ein neuerliches Widerrufsrecht verfügen. (EuGH, Urt. v. 05.10.2023 – C-565/22)

Abstract: Ein Verbraucher hat ein einziges Mal das Recht, ein im Fernabsatz abgeschlossenes Abonnement, das anfangs kostenlos ist und sich automatisch verlängert, zu widerrufen, es sei denn, der Verbraucher wurde nicht hinreichend über die Gesamtkosten des Abonnements informiert. Neue Regelungen für Betreuer angekündigt Rechtliche Betreuer sollen eine Sonderzahlung erhalten, um die finanzielle Mehrbelastung abzufedern, die ihnen infolge der Inflation entstanden ist. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den die Bundesregierung auf Vorschlag des Bundesministers der Justiz beschlossen hat. Von der Sonderzahlung sollen Betreuungsvereine, selbständige berufliche Betreuer und auch ehrenamtliche Betreuer profitieren. Der Gesetzentwurf sieht daneben eine Änderung des Betreuungsorganisationsgesetzes vor, um ehrenamtliche Betreuer bei der Prüfung ihrer persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit zu entlasten.