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WBP NEWS

Online-News für den 15.06.2023

Zivilrecht

Verbotene Eigenmacht bei Selbstabholung eines vermieteten Fahrzeugs und anschließender Verwertung
Die Beklagte betreibt bundesweit ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus. Neben dem klassischen Pfandleihgeschäft verfolgt sie alternativ das „cash & drive“-Modell. Dies bewirbt sie für einen kurzfristigen Liquiditätsengpass mit dem Erhalt von Bargeld bei fehlender Kreditwürdigkeit. Sie kauft dann Eigentümern ihr Kraftfahrzeug ab und vermietet es ihnen nachfolgend für einen Folgezeitraum gegen ein monatliches Entgelt. Die Klägerin verkaufte der Beklagten auf diese Weise ihren damals etwa neun Jahre alten Kleinwagen Hyundai. Die Beklagte zahlte ihr 1.500,00 €. Die Klägerin mietete es für 148,50 € monatlich zurück. Nach dem Ende der Mietzeit sollte das Fahrzeug binnen 24 Stunden an die Beklagte zurückgegeben werden. Die AGB sahen vor, dass die Beklagte das Fahrzeug selbst in Besitz nehmen, es ohne Ankündigung sicherstellen und hierfür auch das befriedete Besitztum des Mieters auch zur Nachtzeit betreten dürfe. Als die Klägerin die Mieten nicht weiterzahlte, kündigte die Beklagte das Mietverhältnis, forderte die Klägerin ultimativ auf, das Fahrzeug zurückzugeben, ließ es sodann ohne Willen der Klägerin abholen und versteigerte oder verkaufte es. Die Klägerin erwirkte zunächst einen Titel auf Herausgabe des Autos. Die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel war erfolglos. Der Verbleib des Autos ist ungeklärt. Mit der hiesigen Klage begehrt die Klägerin Wertersatz für das verschwundene Fahrzeug i.H.v. 3.750,00 € sowie Nutzungsentschädigung für einen Zeitraum von fast zwei Jahren in Höhe von rund 17.000,00 €. Das LG hatte die Beklagte zur Zahlung von Wertersatz und Nutzungsersatz in Höhe von rund 8.700,00 € unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 50% verurteilt.
Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte im Wesentlichen keinen Erfolg. Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten wegen der Wegnahme des Fahrzeugs zu. Die Beklagte habe „verbotene Eigenmacht“ ausgeübt. Ob der Mietvertrag oder der Kaufvertrag überhaupt wirksam waren, könne damit offenbleiben. Die AGB im Mietvertrag, die der Beklagten das hier auch umgesetzte Verfahren gestatteten, seien wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden unwirksam. § 858 ff. BGB sollen im Mietverhältnis oder auch im Verhältnis zwischen Eigentümer und Besitzer die Selbstexekution oder Selbstjustiz verhindern. Die Beklagte habe fahrlässig gehandelt, auch wenn sie selbst davon ausgegangen sei, die von ihr veranlasste Sicherstellung und die hierdurch ausgeübte verbotene Eigenmacht sei im Hinblick auf ihr Geschäftsmodell rechtmäßig. Sie hätte zumindest wegen der von verschiedenen Gerichten geäußerten rechtlichen Bedenken gegen ihr Geschäftsmodell damit rechnen müssen, dass dieses „bemakelt“ sein könnte und die Art der Sicherstellung gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Die Klägerin könne damit Wertverlust für das Fahrzeug verlangen. Die Beklagte schulde auch grundsätzlich für die gesamte Dauer der Vorenthaltung Nutzungsentschädigung. Die Klägerin habe aber gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, soweit sie nahezu zwei Jahre mit einer Ersatzbeschaffung zugewartet habe. Grundsätzlich sei der Ersatzanspruch auf Nutzungsausfall – wie der Anspruch auf Mietwagenkosten – auf die erforderliche Ausfallzeit beschränkt. Die Klägerin habe hier nicht darauf vertrauen können, ihr Fahrzeug wiederzuerlangen. Trotzdem habe sie erst neun Monate nach Wegnahme des Fahrzeugs, Erhalt einer Abrechnung und der Mitteilung, dass das Fahrzeug verwertet worden sei ihren Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeuges geltend gemacht. (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 26.05.2023 – 2 U 165/21; nrkr.)

Abstract: Gerät der Mieter eines Fahrzeugs in Zahlungsrückstand, stellt die Selbstabholung des Fahrzeugs durch den Vermieter verbotene Eigenmacht dar. Veräußert der Vermieter das Fahrzeug anschließend, ist er zum Wertersatz verpflichtet. Er schuldet darüber hinaus Nutzungsentschädigung für einen angemessenen Zeitraum bis zur Ersatzbeschaffung.

Strafrecht

Das OLG hat auf die Sprungrevision hin das Urteil des AG aufgehoben, mit welchem die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Erteilung einer Sperrfrist abgelehnt worden war. Der Angeklagte befuhr im Frühjahr 2022 nach Mitternacht die N. in F.. Seine Blutalkoholkonzentration lag bei mindestens 1,64 Promille. Er hatte sich nach einem vorausgegangenen Barbesuch, bei dem er Wodka-Soda und Bier getrunken hatte, spontan dazu entschlossen, für die Rückfahrt einen E-Scooter zu nutzen. Das AG hat ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 € und einem Fahrverbot von sechs Monaten verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde dem Angeklagten nicht entzogen. Hiergegen wendet sich die Amtsanwaltschaft mit ihrer Sprungrevision. Das OLG hat das amtsgerichtliche Urteil daraufhin insoweit aufgehoben, soweit es die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Bestimmung einer Sperrfrist für die Neuerteilung abgelehnt hat.
Die Fahrerlaubnis sei zwingend zu entziehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gegeben seien (§ 69 Abs. 1 S. 1 StGB). Dies sei der Fall, „wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist“. Es bestehe weder Raum für ein Ermessen des Tatrichters noch finde eine Verhältnismäßigkeitsprüfung statt. Die Begehung einer Trunkenheitsfahrt begründe eine Regelvermutung für die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen. Nur wenn sich die Tatumstände von denen eines Durchschnittsfalls deutlich abheben würden, könne in seltenen Ausnahmen von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgewichen werden. Derartige Gründe habe das AG hier zu Unrecht angenommen: Der Umstand, dass der Angeklagte nicht Auto, sondern E-Scooter gefahren ist, sei unerheblich. Nach der Wertung des Verordnungsgebers seien auch Elektrokleinstfahrzeuge – wie E-Scooter – Fahrzeuge (§ 1 eKFV) und unterlägen damit den für sie geltenden allgemeinen Vorschriften. Es überzeuge auch nicht der Hinweis des AG, dass die Benutzung eines E-Scooters durch einen betrunkenen Fahrer andere Menschen nicht in gleichem Maße gefährde wie die Trunkenheitsfahrt eines Kraftfahrzeugfahrers. „Der Sturz eines Fußgängers oder Radfahrers infolge eines Zusammenstoßes mit dem E-Scooter (könne) ganz erhebliche, unter Umständen sogar tödliche Verletzungen verursach (en)“. Das OLG verwies zudem auf mögliche Ausweichmanöver stärker motorisierter Verkehrsteilnehmer durch alkoholbedingte Fahrfehler eines E-Scooter-Fahrers. Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis solle nicht nur verhindert werden, dass der Täter weiterhin betrunken Kraftfahrzeuge fahre. Bezweckt werde vielmehr ganz allgemein der Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs. Der Angeklagte habe hier durch seine gedankenlose Nutzung eines E-Scooters in erheblich alkoholisiertem Zustand die Katalogtat der fahrlässigen Trunkenheitsfahrt erfüllt und sich damit grundsätzlich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Das AG habe nun die Sache neu zu verhandeln und zu entscheiden, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der neue Tatrichter Feststellungen treffe, die die Regelvermutung hier tragfähig widerlegen könnten. (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 08.05.2023 – 1 Ss 276/22)

Abstract: Eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter begründet die Regelvermutung, ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu sein. Von der Entziehung der Fahrerlaubnis kann auch hier nur in Ausnahmefällen abgesehen werden.

Arbeitsrecht

Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung – Pfändungsfreibetrag
Der verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten in der Marketing-Abteilung beschäftigt. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses hat die Beklagte ihm anstelle einer Entgelterhöhung einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Entgeltabrechnungen des Klägers weisen neben dem Bruttomonatsgehalt (zuletzt 4.285,00 €) geldwerte Vorteile für die PKW-Nutzung (445,00 €) und die Entfernungskilometer (747,60 €) zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (56 km) aus. Aus der Summe dieser drei Beträge hat die Beklagte nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung das Nettoentgelt und nach weiterem Abzug der beiden geldwerten Vorteile den Auszahlungsbetrag errechnet. Mit seiner Klage hat der Kläger – soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz – Vergütungsdifferenzen im Nettoentgelt i.H.v. 29.639,14 € für die Zeit von Januar 2017 bis April 2020 verlangt. Er hat geltend gemacht, bei Zahlung der Vergütung, die neben Geld auch den Sachbezug der Privatnutzungsmöglichkeit des PKW umfasse, seien die Pfändungsgrenzen, die sich aus drei Unterhaltspflichten ergäben, nicht beachtet worden. Das ArbG hat die Klage insoweit abgewiesen. Das LAG hat auf die Berufung des Klägers das Urt. des ArbG abgeändert und die Beklagte zur Zahlung der geforderten Nettovergütungsdifferenzen verurteilt.
Die hiergegen gerichtete, vom Senat nachträglich zugelassene Revision der Beklagten hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO zu Unrecht den nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zu bemessenden Wert für die Nutzung des überlassenen Fahrzeugs für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte einbezogen. Zur Berechnung des pfändbaren Einkommens sind nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen. Zu Letzteren gehört die Überlassung eines dienstlichen PKW zur privaten Nutzung. Der Wert beträgt 1% des Listenpreises. Keine Naturalleistung i.S.d. vollstreckungsrechtlichen Bestimmung stellt der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anzusetzende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Fahrzeugs auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb in Höhe von monatlich 0,03% des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer dar. Hierbei handelt es sich nicht um einen Sachbezug i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, sondern um einen steuerrechtlich relevanten Korrekturposten für den pauschalen Werbungskostenabzug. Er ist daher bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO nicht einzubeziehen. Von dem – somit niedriger als vom LAG angenommen – anzusetzenden Betrag sind gem. § 850e Nr. 1 ZPO Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Abzug zu bringen. Aus dem so ermittelten pfändbaren Einkommen sind sodann nach Maßgabe von § 850c ZPO und der einschlägigen Pfändungsfreigrenzenbekanntmachungen die Pfändungsgrenzen zu ermitteln. Dabei ist Abs. 6 dieser Regelung, wonach nach billigem Ermessen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Person (hier des Ehegatten) ganz oder teilweise berücksichtigt werden können, entsprechend anzuwenden. Nachdem das LAG hierzu keine Feststellungen getroffen hat und auch die für die Berechnung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge erforderlichen Tatsachen vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden sind, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückzuverweisen. (BAG, Urt. v. 31.05.2023 – 5 AZR 273/22)

Abstract: Die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung ist regelmäßig eine Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung und damit ein Sachbezug i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO. Der Wert dieses Sachbezugs beläuft sich grundsätzlich auf 1% des Listenpreises des PKW zzgl. Sonderausstattungen und Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Erstzulassung. Nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO darf dieser Wert allerdings nicht die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts übersteigen. Der unpfändbare Betrag des Entgelts muss dem Arbeitnehmer in Geld ausgezahlt werden. Zur Ermittlung des pfändbaren Teils des Einkommens sind Geld- und Sachleistungen nach den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften zusammenzurechnen. Nicht einbezogen wird dabei der steuerlich zu berücksichtigende geldwerte Vorteil für die Nutzung des PKW auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb in Höhe von monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer (sog. 0,03 %-Regelung).

Zivilrecht

Kleinkind allein im Auto
Die beklagte Kindesmutter war mit ihrem 2 ½-jährigen Sohn bei einer Familienfeier, an der auch ihre eigene Mutter, die Großmutter des Kindes, teilnahm. Gegen Schluss der Veranstaltung setzte sie das Kind in den Kindersitz auf dem Beifahrersitz, schnallte es zunächst nicht an und ging noch einmal ins Haus. Der Junge krabbelte vom Kindersitz, nahm den Autoschlüssel, den die Mutter auf das Armaturenbrett gelegt hatte, und startete den Wagen. Das Auto machte einen Satz nach vorn und verletzte die Großmutter des Kindes, die ca. 1,5 Meter entfernt auf einer Bank saß. Sie erlitt schwere Verletzungen beider Kniegelenke und musste umfangreich im Krankenhaus behandelt werden. Die Krankenkasse der Großmutter nahm die Kindesmutter vor dem LG in Anspruch. Die Krankenkasse argumentierte, die Kindesmutter habe ihre Aufsichtspflicht verletzt. Die Kindesmutter meinte, mit dem Verhalten des Kindes sei nicht zu rechnen gewesen. Das Starten des Wagens sei eine komplexe Abfolge von Handlungen. Sie selbst sei auch nur ein, zwei Minuten weggewesen. Die Fahrzeugtüren habe sie weit offen gelassen. Das LG folgte der Argumentation der Mutter und wies die Klage ab. Es liege eine ganz außergewöhnliche Kausalkette vor, mit der ein umsichtiger Elternteil nicht zu rechnen brauche.
Dagegen wandte sich die Krankenkasse mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin eine Verurteilung der Kindesmutter anstrebte. Sie hatte jetzt vor dem OLG Erfolg. Der Senat bejahte eine Haftung der Kindesmutter. Die Kindesmutter sei für das Kind aufsichtspflichtig. Dabei bestimme sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach den Umständen des Einzelfalles und erhöhe sich mit der Gefahrträchtigkeit der konkreten Situation. Kleinkinder bedürften generell ständiger Aufsicht. Die Kindesmutter habe durch das Alleinlassen des Kindes im Auto – und Zurücklassen des Autoschlüssels – eine ganz erhebliche Gefahr geschaffen. Das weitere Geschehen sei auch nicht völlig außergewöhnlich gewesen. Kleine Kinder griffen erfahrungsgemäß gern nach Schlüsseln und versuchten, sie in Schlösser hineinzustecken und die Erwachsenen nachzuahmen. Die Kindesmutter hätte das Kind im Kindersitz anschnallen, die Schlüssel mitnehmen, oder jemanden mit der Beaufsichtigung beauftragen müssen. Die Kindesmutter muss jetzt für den Schaden einstehen. Der genaue Umfang des Schadensersatzes muss noch geklärt werden. (OLG Oldenburg, Grundurt. V. 20.04.2023 – 14 U 212/22)

Abstract: Eine Kindesmutter, die ihr Kind unangeschnallt in den Kindersitz setzt und einen Fahrzeugschlüssel für das Kind in greifbarer Näher ablegt, verletzt ihre Aufsichtspflicht. Kleinkinder bedürften generell ständiger Aufsicht. Die Kindesmutter hat eine ganz erhebliche Gefahr geschaffen.

Kein Anspruch auf plattdeutsche Bescheide
Dies hat das LSG NRW mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 08.09.2022 entschieden. Der Kläger bezog 2017 ALG II. Auf seinen Wunsch hin wies ihm das beklagte Jobcenter eine Arbeitsgelegenheit in einem Bauernmuseum zu. Er beschritt den Rechtsweg und begehrte die Erteilung eines Bescheides in plattdeutscher Sprache. Das SG Detmold wies seine Klage durch Gerichtsbescheid ab. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Er habe keinen Anspruch auf Erteilung eines Bescheides in platt- bzw. niederdeutscher Sprache oder Erhalt einer Übersetzung in die platt- bzw. niederdeutsche Sprache. Nach § 19 Abs. 1 SGB X sei die Amtssprache deutsch. Zwar umfasse die deutsche Sprache neben der hochdeutschen Sprache auch alle Mundarten und Dialekte, soweit diese von den Beteiligten verstanden werden. Im schriftlichen Verfahren zulässig sei jedoch allein Hochdeutsch. Dies entspreche dem Gebot des § 9 Abs. 2 SGB X, wonach ein Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen sei. Dieses Gebot werde beeinträchtigt, wenn ein unübersichtliches Nebeneinander verschiedener Sprachvarianten mit unterschiedlichen Schreibweisen entstünde, die allenfalls räumlich begrenzt von einem Teil der Bevölkerung verstanden werden. Dies gelte auch für das Niederdeutsche und Plattdeutsche, da jedenfalls seit dem 16. Jahrhundert keine gemeinsame niederdeutsche Schriftsprache mehr existiere. Aus dem Status als geschützte Regionalsprache im Sinne der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 05.12.1992 könne der Kläger, der des Hochdeutschen nachgewiesenermaßen mächtig sei, ebenso wenig einen Anspruch ableiten. Weder die Bundesrepublik Deutschland noch das Land Nordrhein-Westfalen hätten Vorschriften zur Verwendung der niederdeutschen (plattdeutschen) Sprache in der Verwaltung erlassen oder erlassen müssen. Eine Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner ethnischen Herkunft sei fernliegend, denn Sprecher des Nieder- bzw. Plattdeutschen stellten keine eigenständige Ethnie dar. Schließlich habe das SG ermessenfehlerfrei für die vorliegende, völlig substanzlose Klage Verschuldenskosten festgesetzt.